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curated by_vienna 2012: Ulrike Lienbacher - Interieurs, Modelle: Leistungsformen des Liebens und Lebens

Ist Sex in unserer Kultur noch immer ein Tabu? Gibt es den optimalen Sex? Fragt die Ausstellungskuratorin Katya García-Antón die österreichische Künstlerin Ulrike Lienbacher in einem Brief. Lienbacher antwortet in ihrer Einzelausstellung Interieurs, Modelle im Rahmen von curated by_ in den Krinzinger Projekten. Die bereits zum dritten Mal stattfindende Ausstellungsreihe läuft diesmal unter dem Titel Kunst oder Leben, Ästhetik und Biopolitik. Liebe? Nein, diese lässt sich nicht kontrollieren, sie ist lebenszerstörend. Sex? Ja, als liberale Erfindung des 20. Jahrhunderts lässt er sich optimieren, normieren und den Leistungsprinzipien entsprechend steigern. Unter diesen Blickwinkeln beschäftigt sich Ulrike Lienbacher seit Jahren mit dem menschlichen, zumeist weiblichen, trainierten Körper im Umfeld seiner sozialen Interaktionen. Die disziplinierte Arbeit am eigenen Leib (und Geist) soll, vergleichbar dem Wirtschaftsleben, zu Spitzenresultaten führen. In einem Ausstellungsraum, der sich dem Thema Interieurs widmet, zeigt die Künstlerin unter dem Titel „Vorlagen“ ein Set von neun Tuschzeichnungen, deren Motive einem Sexhandbuch für junge Ehepaare aus dem Jahr 1965 entnommen wurden. Die stereotypen Körper der Liebenden umreißt eine klare Linie, sodass die Posen eines Geschlechtsaktes wie Gymnastikübungen aussehen. Durch den sparsamen Einsatz der Farbe Rot werden, wie bei Lienbacher üblich, ganz diskret einzelne erotische Details noch zusätzlich akzentuiert. Ist die Institution Ehe noch immer liebesfördernd? Oder ist sie mittlerweile vielmehr eine schier politisch-ökonomische Konstruktion, deren Grundlagen historisch bedingt sind? Hierauf scheinen Lienbachers kleine Fotoarbeiten der Serie Interieur mit ihren Ansichten biederer, bürgerlicher Interieurs hinzuweisen. Die Künstlerin hat sie mit pornografischen Motiven wie fremdbestimmend oder verstörend sexualisierend inszeniert. Gilt heute also nicht mehr „Love and marriage“, wie Frank Sinatra einmal gesungen hat? Hat Sex stattdessen nun das Sagen? Er wird offensichtlich zum Träger des sozialen Prestiges, Erotik indes durch Akrobatik ersetzt. Immer wieder kommt es in der Ausstellung zum Einsatz von maschinell produzierten, ornamentalen Stäben, optisch eine kapriziöse Symbiose aus klassischen Säulen und Poledance-Stangen. Leicht silbrig oder rosagolden schimmernd vermitteln sie einen Hauch von kultivierter Erotik. Die von Lienbacher bevorzugten Gegensatzpaare Reinheit und Schmutz, Schönheit und Hässlichkeit als althergebrachte Topoi des (weiblichen) Körpers werden in Form der Stangen als Erweiterung ihres bisherigen Vokabulars erneut sichtbar gemacht.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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curated by_vienna 2012: Ulrike Lienbacher - Interieurs, Modelle
21.09 - 27.10.2012

Krinzinger Schottenfeld
1070 Wien, Schottenfeldgasse 45
Tel: +43 (1) 512 81 42
Email: krinzingerprojekte@gmx.at
http://www.galerie-krinzinger.at/projekte
Öffnungszeiten: Mi-Fr: 15-17h
Sa: 11-14h


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