Werbung
,

Art Salzburg 2012: Konservativ mit kleinen Überraschungen

Einen ehrenwürdigeren Rahmen als die Salzburger Residenz kann man sich für eine Kunstmesse kaum vorstellen. Doch auf der ART SALZBURG übersieht man gezwungenermaßen das prachtvolle barocke Ambiente. In der Umsetzung der aktuellen Messestandgestaltung will oder kann man offensichtlich dem hohen künstlerischen Niveau der historischen Ausstattung keine Beachtung schenken. Dabei könnte doch gerade moderne Kunst in wirkungsvollem Kontrast dazu zu effektiver Geltung kommen – vorausgesetzt die Qualität ist entsprechend hoch. So manche AusstellerInnen verschanzen sich in tief rot gefärbten Schachteln oder meinen die Aufmerksamkeit durch einen Wechsel von sehr roten und schwarzen Wänden auf sich ziehen zu müssen. Die Ausstellungsarchitektur ist allerdings genauso wenig innovativ wie die Ware - wie es von einer Kunstmesse in der Festspielzeit im konservativen Salzburg auch nicht anders zu erwarten ist. Aber kleine Überraschungen gibt es dann doch. Während Giese & Schweiger wie immer ihr gewohntes Repertoire an guter Malerei des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigen, Wienerroither & Kohlbacher wie jedesmal mit Schiele- oder Klimt-Zeichnungen ersten Ranges aufwarten können, bietet Senger Bamberg selbstverständlich Skulpturen aus Gotik, Renaissance und Barock von musealer Güte an. Patrick Kovacs stellt erstklassige Möbel von Biedermeier bis Wiener Moderne aus und das Kunsthaus Wiesinger unter anderem diverse französische Spieltische in kaum restaurierten Zustand aus dem Louis Seize, auf zarten Rädern leicht bewegbar und mit wandelbarer Tischplatte vielseitig benutzbar (Frankreich um 1780, von 15.000 bis 23.000 €). Das wäre doch schon was für ein gutes Salzburger Interieur. Johannes Faber rückt wieder einmal das Medium der Fotografie in das ihr gebührende Scheinwerferlicht (Heinrich Kühn, „Head of a Girl“, Vintage 1915; 14.000 € oder August Sander, „Der Konditor“, Silbergelatineabzug 1928; 28.000 €). Der Wiener Silbermanufaktur gelingt es, die Tradition, die auf Entwürfen wie von Josef Hoffmann, Otto Prutscher oder Kolo Moser basiert, mit Stil ins zeitgenössische Design weiterzutragen. Das Teeservice von Tomás Alonso überzeugt in Funktion wie Form. Daneben bemühen sich manche AustellerInnen um „originelle“ Zusammenstellungen, die dann vielleicht bunt, dafür bezugslos, verschiedene Epochen und Medien durcheinander würfeln, und das überdeckt dann nicht einmal mangelnde Qualität der Objekte. Dagegen macht eine sensibel arrangierte Stimmigkeit denn doch Sinn, wie Alfred Kohlhammer (Galerie Metropol) mit seinem Ensemble, bestehend aus dem Gemälde Pieter Casteels III. „Federvieh im Schlosspark“ (1731; 38.000 €), der fünfteiligen Gruppe von Porzellanfiguren der neapolitanischen Manufaktur Capo di Monte (1770; je 2.800 €) und dem toskanischen Konsoltisch (17. Jh.; das Paar 14.800 €), klar macht. Erstaunlich – für die ART SALZBURG - sind dann einzelne Objekte von unwidersprochen internationalem Rang: Richard Ruberl bietet diesmal neben den erwarteten erstklassigen frühen Werken von Arnulf Rainer („Vertikalisation“ 1952, Graphit und Ölkreide; 140.000 €) eine bemerkenswerte Zeichnung von Joseph Beuys an: „a – she leper (hare’s blood)“ (1975, Bleistift, Hasenblut; 120.000 €). Salis & Vertes präsentiert neben einem Paar von Lucio Fontanas „Concetto Spaziale“ ein Mobile von Alexander Calder („Turkish Delight“, 1974, bemaltes Metall und bemalter Draht; 680.000 €). Mario Mauroner trumpft wieder auf mit Arbeiten von Jan Fabre, darunter eine wunderbare Serie von Kugelschreiberzeichnungen, die Fabre 1986 Robert Mapplethorp gewidmet hatte („Robert (New York)“ 1 – 6, Bic on paper; 135.000 €). Der vor kurzem verstorbene, bedeutendste zeitgenössische österreichische Künstler, Franz West, wird einzig bei Elisabeth und Klaus Thoman präsentiert. Der Plakatentwurf „Der Ficker Nr. 2“ (Collage und Malerei auf Karton, 2006; 48.000 €) und die Skulptur „o.T.“ (Objekt Museum des 20. Jhs., Holz, Stahl, Pappmaché, Ölfarbe auf gefundenem Schuhkasten, 1996; 120.000 €) sind wohl die ganz speziellen Stücke der Salzburger Messe. Auch wenn die Konzentration der ART SALZBURG bislang nicht von der Kunst des 19. Jahrhunderts bis zur klassischen Moderne wegzubewegen ist (und zwar insbesondere von der sogenannten Flachware), so bricht doch das Zeitgenössische allmählich aber sicher ein - und wenn auch vielleicht noch nicht durch, so hilft denn doch (hoffentlich) die Internationalität des Festspielpublikums den Salzburgern auf die Sprünge. Genau darin liegt das Potential dieser Messe und in wie weit sie es zu nutzen wissen wird, wird sich weisen.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Art Salzburg 2012
11 - 19.08.2012

Art Salzburg - Residenz
5010 Salzburg, Residenzplatz 1
http://www.artsalzburg.info


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: