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Franz Graf - One Man Show: Crescendo der Irritation

Natürlich geht es um die Frau. Natürlich geht es um Erotik. Natürlich schwingt ein verhallender Klang von Thanatos mit. Es wäre ja eine „ganz normale Franz-Graf-Ausstellung“. Wenn da nicht die blauen Stangen wären.

Es beginnt schon im gewölbten Erdgeschoß. Das bereits bekannte PURGA ist auf ein gebrauchtes, himmelblaues Gerüst gestellt. Immerhin begleitet von vertrauten Motiven des Künstlers an den Wänden, wie maskenhaft verfremdete Frauenporträts oder an Grundrisse erinnernde Ornamentik. Aber es ist schon ein overtürenmäßiger Einstieg, in das Crescendo der Irritation im oberen Stock:

Die schwarz-weißen Bildnisse sind installativ mit Gerüstteilen verspannt. Das Konstrukt gleicht dem System eines Fitnessstudios mit himmelblauen Instrumenten. In einem weiten hellen Raum, auf einem weißen, seidig spiegelnden Boden. In bewegter Choreographie, wie auf einer Wasseroberfläche, stellen sich gegenwärtig die dunklen Seiten von Grafs Frauenkosmos dar. Die blauen Stangenkonstellationen scheinen mit spielerischer Spontaneität gesetzt. Doch das vorläufige Fluidum kippt dann wieder und der gesamte Komplex unterstreicht in seiner bestimmten Verschränkung den hintergründig existenzialistischen, dunklen Gehalt der Gemälde.

Die frei vom offenen Dachstuhl hängende schwarze Boje ist doch kein Boxsack, sondern ein erotischer Körper, der auch etwas Bedrohliches ausstrahlt. Die sternförmige Stangenanordnung findet den Widerstand ihrer Aggression im weiblichen Gesäß des dahinter positionierten Bildes DOMMINATION. Der Blick der im Profil dargestellten ININNess mit schwarz überstrichener Mundpartie prallt an die harte Parallelität der an der Wand lehnenden Stangen. Mit bloß gelegter Brust wendet sich die Frau (HIGh) ab von dem dicht daneben gehängten, vieldeutigen PARA, in dem ein großes friulanisches Messer steckt. Die innewohnende Präsenz von Schmerz, Brutalität und Verletzlichkeit ist explizit, der erotische Kontext evident, die radikalisierte Dramatik in der Zusammenstellung frappant. Mit frontaler Offenheit begegnet das mädchenhafte Antlitz von JULY, Stabilität oder Dauerhaftigkeit vermittelt ihre Balance zwischen den gitterartig ineinander greifenden Stäben aber nicht. Die feinsinnig gesetzte Graphitzeichnung ist partiell und mit Vehemenz mit schwarzen ornamentalen Fragmenten in Tusche übermalt: Muster, die das Sensitive überlagern und Flächen, die den Körper bedrängen.

Das Blau der Stäbe durchbricht die Dunkelheit von Grafs Narrationen. Aber ihre impulsive Aufstellung provoziert zugleich eine Dynamik in dieser aufreibenden Inszenierung einer virulenten Lebensanschauung. Subtil ist der untergründige Tenor dann doch intensiviert, der aus der Erfahrungswelt menschlicher Dramen herauf beschworen ist – aus den heftigen Untiefen des ambivalenten Gefüges von sich gegenseitig bedingender Ekstase, Sexualität, Lust und Schmerz. Dabei ist der Maske der Begehrlichkeit eine wesentliche Sehnsucht implizit: In Schönheit breitet Franz Graf abgründige Sinnlichkeit aus. Mit Leichtigkeit turnt keine weibliche Existenz in seinem blauen Parcours.

Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Franz Graf - One Man Show
20.07 - 14.09.2012

Galerie Weihergut (Alter Standort)
5020 Salzburg, Fürstenweg 35
Tel: +43 662 82 18 30, Fax: +43 662 82 55 70
Email: office@weihergut.at
http://www.weihergut.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18 Uhr, während der Festspiele: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa 10-16 Uhr


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