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Claudia Schumann - Leeres Licht: unausweichlich, unmittelbar verletzlich

Dass Judith Ortner aktuell ihre sonst stringente Konzentration auf Ausstellungen von Editionen überschritten hat, ist nur vorschnell erstaunlich, mit der angebrachten Aufmerksamkeit für die gegenwärtige Ausstellung von Claudia Schumann dann mehr als verständlich. Es sind Fotografien, von weiblichen Antlitzen, Körperteilen, die Augenpartie einer verstorbenen Greisin, zurückhaltend und doch eindringlich; eine zweiteilige minimalistische Stahlarbeit und ein Blick aus einem Fenster: ein farbiger Abzug und ein schwarz-weißer. An den Wänden sind die fotografischen Werke präsentiert. Auf dem Tisch in der Raummitte liegt exemplarisch die Basis von Claudia Schumanns Reflexionen vor; als einfache Fotokopien, von eigenen Fotos, von Büchern und Buchrücken, darunter die Seiten von Georges Batailles „Das Dach des Tempels“ aus dem Band „Das Unmögliche“, darin geht es um ein Verlangen, eine majestätische Traurigkeit, Tod und Lust. Claudia Schumann erklärt den Titel ihrer Ausstellung „LEERES LICHT“ als „abwesenden Blick“. Beidem ist eine Ambivalenz immanent: Leere kann eine reine Negation bedeuten, aber auch die weiteste Freiheit oder das reinste Licht. Und der Blick ist in seiner Abwesenheit präsenter als in seiner Verdinglichung. Zudem offenbart er sich als ein nach innen gerichteter. Claudia Schumann ist sich selbst das „geeignetste“ Modell, es führe sie am direktesten zum gewünschten Ergebnis. Daher basieren nahezu sämtliche Arbeiten auf den fotografischen Aufnahmen ihres Körpers. Gerade weil sie nicht die Herstellung von Selbstporträts im plakativen Sinn bezweckt und daher die Identifizierung ihrer Gesichtszüge vermeidet, enthüllt sie anstelle des abbildenden eine wahreres, tiefer liegendes inneres Gesicht. Zumeist sind die Darstellungen ausschnitthaft fragmentiert. In der gezielten Fokussierung auf explizite Köperabschnitte und der Wiedergabe in Schwarz-Weiß wird die Aussage bis zum Äußersten konkret; intim und sinnlich, doch oft mit der Außenwelt als einem brutalen Gegenüber konfrontiert. Die mögliche erotische oder an den Aktionismus erinnernde Ausdruckskraft wird von einer tiefen menschlichen Empfindsamkeit überlagert, die in ihrer Authentizität betroffen macht. Zugleich zeichnet sich ein enorm bewegter Schauplatz ab, Sehnsüchte und Begehrlichkeiten zwischen Tod, Ekstase, Vergänglichkeit und Versehrtheit, Kontinuität und Nachhaltigkeit. Claudia Schumanns Werk ist wie der Titel ihrer Ausstellung ambivalent. In Subtilitäten ruft sie Intensitäten auf. Seelische und geistige Tiefen, auch Abgründe, schimmern durch. Das nackte Ausgesetzt-Sein ihres sensiblen Bestehens in einer Welt der Diskontinuität führt zu keinem Nihilismus; sondern zu einem Auf-sich-geworfen-Sein, das affirmativ seine Existenz als schillernde Bipolarität erkennt und als solche standhält. Es ist ein Bekenntnis in radikaler Direktheit, ohne Distanz schaffende Ästhetisierung. Die Form ist sinnlich und zart, fast zärtlich, die Offenheit gegen sich selbst unbarmherzig. Eine Ästhetik, die unausweichlich, unmittelbar verletzlich und sehr persönlich ist.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Claudia Schumann - Leeres Licht
13.06 - 11.08.2012

Ortner 2 - Judith Ortner
1010 Wien, Sonnenfelsgasse 8
Tel: +43 1 512 74 69, Fax: +43 1 512 49 00
Email: ortner@ortner2.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19, Sa 11-16 h


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