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Bojan Šarčević: Notwendige Verunklärung

Notwendige Verunklärung Dem Kunstmuseum Liechtenstein gelingt mit der ersten großen Museumsausstellung von Bojan Šarčević der überzeugende Blick auf einen Künstler der jüngeren Generation, der in seinem vielseitigen Werk scheinbar Verständliches unverständlich machen kann. Ob Marmorblöcke, Metallgestänge, 16-mm Filme oder ein Stück Fleisch in einer ausgehöhlten Melone auf einem Sockel, Šarčević schafft beim Betrachter einen Raum der Freiheit, der wie von selbst sonst verborgene Zusammenhänge im Denken der Gegenwart ermöglicht. Gemäß dem Titel der Ausstellung „A Curious Contortion in the Method of Progress“, führt der in Serbien geborene und in Berlin und Paris lebende Künstler den Fortschrittsglauben, die scheinbare Alternativlosigkeit zum vom System verordneten Wirtschaftswachstum, ad absurdum. Besonders deutlich und auch witzig ist dies im zweiten Raum realisiert, wo Stahlgestänge mit Kupferplatten unter dem Titel „eventuellement“ in den Raum gestellt sind. Sofort beginnt der Besucher sich zu fragen, wo dieses galaktische Regalsystem verwendet werden kann, um Bücher abzustellen. Im Zeitalter von Ikea-Billy-Regalen sind wir alle Kinder des Effizienzdenkens, und es ist eine künstlerische Leistung, genau diese Erkenntnis im Rezepienten schlagend werden zu lassen. Absolut spektakulär und schwergewichtig sind die beiden Onyx-Marmorblöcke „She“ mit 1,7 Tonnen und „He“ mit 5,5 Tonnen Gewicht. Dazu kommt in diesem Raum die Arbeit „Presence at Night“, nicht mehr als ein Fadenkreuz, das in eine Ecke gespannt wurde. Es ist wohl die Balance von gestalteter Kunst in Marmor und einer Arbeit jenseits jedes klassischen Kunstbegriffs, die zeigt, wie groß der Bogen ist, der das Werk von Bojan Šarčević umspannt. Die beiden Marmorskulpturen begegnen sich hier in Liechtenstein übrigens das erste Mal. Raum 3 zeigt Filme, die verschiedenfarbig geknülltes Papier visualisieren, das sich zu reduzierten Klängen um sich selbst dreht. Hier wird der Eindruck besonders stark, dass der Künstler sich auf rätselhafte Weise auf eine unverständlich gewordene Kultur bezieht, die durch sein Werk, soviel Spekulation sei erlaubt, wie durch eine geistige Brücke, beinahe wieder lesbar wird. Im vierten Raum hat Šarčević seine Auswahl aus den Werken der eigenen Sammlung getroffen. Es überrascht nicht, dass sich darunter ein surreales Werk von Giorgio de Chirico findet, das jene traumhafte Realität zeigt, wie sie bei Šarčević selbst in Erscheinung tritt. Eine absolut sehenswerte Schau, die auch den Vergleich mit ähnlichen Häusern nicht zu scheuen braucht. Zum Drüberstreuen lädt die ebenfalls im Kunstmuseum ausgestellte Sammlung, wo Andy Warhol Wand an Wand mit Joseph Beuys und ähnlichen Kalibern zu bewundern ist.
Mehr Texte von Wolfgang Ölz

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Bojan Šarčević
10.02 - 06.05.2012

Kunstmuseum Liechtenstein
9490 Vaduz, Städtle 32
Tel: +42 3-235 03 00, Fax: +42 3-235 03 29
Email: mail@kunstmuseum.li
http://www.kunstmuseum.li
Öffnungszeiten: Di-So 10-17, Do 10-20 h


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