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Madeleine Berkhemer - Garden of Delight: Daddy Long Legs

Im Verlauf der Menschheitsgeschichte war die Frau entweder als Heilige oder als Hure bezeichnet und dargestellt worden. Weiterführend auch als Werkzeug des Teufels. So lautet klassischerweise der Konsens. Sherlock Holmes, der das Leben von beiden Seiten kannte, und ein Kunstkenner war, behauptete, dass man den Frauen, sogar der besten unter ihnen, nie Vertrauen schenken sollte. Seitdem jedoch die Künstlerinnen in der postfeministischen Ära ihren sexuellen Rollen und Begierden Form und Stimme verleihen, wird auch ihr Lustbestreben als eine Motivation für ein gesellschaftliches Handeln mit kollektiven Zielen angenommen. Im Zentrum des multimedialen, formal perfekt an den Oberflächen beherrschten skulpturalen Schaffens der niederländischen Künstlerin Madeleine Berkhemer steht der weibliche Körper, der Raum und der Akt des voyeuristischen Betrachtens. In Österreich waren Berkhemers Arbeiten bereits in der von Peter Weibel konzipierten Ausstellung „Phantom der Lust“ - Visionen des Masochismus zu sehen. Im sexualisierten Universum der Holländerin wird der weibliche Korpus sowohl im Ganzen als auch, wie schon bei den Surrealisten und in der Pop-Art, in Form von Partialobjekten und Signifikanten wie Beine, Haut oder High Heels zur Schau gestellt, wobei im Laufe der Zeit diese konsumorientierten Fetisch-Phantasmas immer mehr zu belebenden Variationen, Multiplikationen und Phantomen kunsthistorischer Größen abgewandelt werden. Zu den erwähnten Triebobjekten gesellen sich in der aktuellen Ausstellung „Garden of Delight“ auch andere, den Galerieraum erotisierende Gegenstände, sadomasochistische Fetische, wie ein rotes Lederbett, ein Spiegel in Gestalt einer sitzenden Frau, neue lunare Photograme mit Motiven eines sich dehnenden, silbrigen Nylonstrumpfs. Ein nahezu zentral platzierter goldener Raumteiler „Legshow“ aus Metall, dessen Form sich aus Umrissen von bestiefelnden Damenbeinen bildet, stellt nach außen hin den sexuellen Antrieb bloß und seine repressiven Ziele. In dem erfinderischen Paravent scheinen sich dennoch Begierden mit einer Phantasiewelt zu berühren. Parallel mit ihren drei Alteregos Milly, Molly und Mandy konstruiert die Künstlerin eine Art Autoerotismus, der die Grenzen zwischen “Es“, “Ich” und ”Anderen” unterhöhlt, und solchermaßen laut Presseinformation Kritik an den virtuellen Räumen ausübt, in denen der weibliche Körper hegemonial als eine identitätslose Hülle behandelt sei. Changierend zwischen Unterwerfung und Subversion, Maskierung und Verletzung, Präsentation und Manipulation unterlag Berkhemer am Eröffnungsabend aus eigenem Antrieb dem Diktat der Mode und trug zu einem braven Kleidchen etwa 20 cm hohe Stöckelschuhe. Nicht alle Werke der Künstlerin kreisen um die dunkle/kalte Erotik, Pornografie oder die Formel body horror, obwohl der sexualisierte Körper und seine Lusttriebe immer eine zentrale Rolle spielen. In ihrer Skulptur „Danaïde“ (2009) aus weißem Carraramarmor knüpft Berkhemer süffisant an die Antike und deren Mythos an. In diesem Retro-Erotik Stil darf zweifelsohne kein Fetisch ausgelassen werden. Ein Strumpfband passt sich dem makellosen antikisierten Torso vollendet an. Die Lust zur Zerstörung oder Störung der männlichen Dominanz wird ersetzt durch das unerfüllte blanke Begehren. Diese kreist aber keineswegs um den Phallus...
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Madeleine Berkhemer - Garden of Delight
20.01 - 09.03.2012

Mario Mauroner Contemporary Art Vienna
1010 Wien, Weihburgggasse 26
Tel: +43 1 904 2004
Email: office@galerie-mam.com
http://www.galerie-mam.com
Öffnungszeiten: Fr-Sa 11-15 h


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