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Von Schönheit und Tod - Tierstillleben von der Renaissance bis zur Moderne: Kreisen um das tote Tier

Irgendwann im 17. Jahrhundert hat man mit der Tradition gebrochen und das Tier einfach umgedreht. Bereits aus der Antike kennen wir von Fresken und Mosaiken die Abbilder von erlegten Vögeln, die bis zur weiteren Zubereitung einfach abhingen. Das tote Tier mittels Schnur an einen Wandhaken geknüpft, gleichermaßen Naturstudie wie Stillleben fand freilich seine Übernahme in der Renaissance. Jenes Arrangement von Jacopo de Barbari, das ein Rebhuhn, Eisenhandschuhe und einen Armbrustbolzen an eine Wand angebracht, vereint, gilt in der Kunstgeschichte als erstes autonomes Stillleben überhaupt. Gleich vorweg, nein, das 1504 entstandene Gemälde ist nicht in der Karlsruher Ausstellung „Von Schönheit und Tod – Tierstillleben von der Renaissance zur Moderne“ zu sehen. Doch wird man vielfach entschädigt, in dieser überaus gelungenen Schau samt entsprechend reichem Katalog. Was hat es nun auf sich mit dem Geflügel kopfüber im 17. Jahrhundert, des Höhepunkts der Gattung des Tierstilllebens, der Zeit in der man sich zu übertreffen schien an Opulenz an Vielfalt und Größe am Markt, in der Speisekammer, in der Küche oder in freier Wildbahn? Hund und Katze, gezähmt zum Nutzen des Menschen, Exoten wie Papagei oder Affe, gefangen zu dessen Plaisier, mögen sich ereifern, ob des Schlachters oder Weidmanns Glück, der Künstler indes stellt sich der Herausforderung eines Anblickes, die ein lebend Tier nie von sich preisgeben würde und einer Oberfläche, die an Feinmalerei Besonderes abverlangt. Ein letztes Mal und nicht ganz freiwillig breiten die Vögel -zumindest einen - Flügel aus und geben den Blick jenseits ihrer Konturfedern frei auf die zarten Daunen, Hasen, anderes Wild zeigen Stellen, an denen das Fell besonders weich erscheint und beide Male ist man versucht, ganz leicht zu pusten, um die Oberfläche in Bewegung zu versetzen. Bis in die Moderne haben sich Künstler daran abgearbeitet, habe immer wieder das Auge getäuscht mit ihren Trompe -l'Œil aus Wand, Nagel, Schnur und Tier. Die rund 125 ausgestellten Werke mögen einst der Repräsentation gedient haben oder teilweise als Kabinettstücke gelten, sie mögen durch die Jahrhunderte Jagd-, Markt-, Vorratskammer- oder Küchenstillleben sein, es ist keines zu viel in dieser Ausstellung, die ihren ganz klaren, stringenten Weg verfolgt, wenngleich man sich selbst dabei beobachten kann, was das Gemüt an kulinarischem zu tolerieren vermag. Fische, Wild und Federvieh mögen hier für den Alltag inspirierend wirken, Pfaue und Schwäne, naja, Füchse sind ja wohl außer der Reihe, Singvögel am Spieß wohl eher unkorrekt und Eichhörnchen mit blutigem Schnäuzchen, gehen für heutige Verhältnisse ja wohl gar nicht. Und wieder hängt ein Vogel kopfüber. Diesmal ganz stolz, beinahe erhaben über sein eigenes Schicksal, hat Robert Mapplethorpe 1984 einen Fasan in Schwarz/Weiß abgelichtet. Was in der Ausstellung mit einer von Dürer aquarellierten „Toten Ente“ Anfang des 16. Jahrhunderts beginnt, findet so ganz konsequent in einer inspiriert durchdachten und klug ausgewählten Ausstellung einen Schlusspunkt.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Von Schönheit und Tod - Tierstillleben von der Renaissance bis zur Moderne
19.11.2011 - 19.02.2012

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
76133 Karlsruhe, Hans-Thoma-Straße 2-6
Tel: +49 721 926 33 59, Fax: +49 721 926 67 88
Email: info@kunsthalle-karlsruhe.de
http://www.kunsthalle-karlsruhe.de
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 h


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