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Brigitte Kovacs - Musenanruf: Wenn sich die Muse küssen lässt

Auch wenn Musen vom ursprünglichen altgriechischen Konzept her nicht von dieser Welt waren, so hat sich doch in neuerer Zeit eine andere Interpretation des Musenbegriffs durchgesetzt: die Muse als Person, die andere Menschen, KünstlerInnen, zu kreativen Leistungen inspiriert oder anspornt. So sind moderne Musen keine mythologischen Figuren mehr, sondern den KünstlerInnen nahe stehende Personen, deren inspirative Kraft in der zwischenmenschlichen Beziehung begründet ist. Diese Interpretation hat sich sicher nicht zuletzt deshalb durchgesetzt, weil der Glaube an Übernatürliches immer weiter aus dem öffentlichen Diskurs verschwunden ist. Dennoch ist die Vorstellung dessen, wie eine Muse wirkt äußerst vage und unkonkret. Noch vom griechisch-mythologischen Verständnis musischer Tätigkeiten lebt das geflügelte Wort vom „Musenkuss“. Brigitte Kovacs hingegen interpretiert die Redewendung „von der Muse geküsst“ einfach wörtlich und hält auf Fotostrecken fest, wie sie sich von – von ihr ausgewählten – Musen küssen lässt. Dass die Personen alles andere als romantische Idealfiguren, sondern konkret Schlüsselfiguren des Wiener Kunstbetriebes sind, wirft sehr deutlich die Frage auf, inwiefern unsere romantisch-kreative Vorstellung von Kunst nicht an der sehr nüchternen Realität vorbei geht. Wirkt die wahre Muse der heutigen Künstlerin anstatt durch eingehauchte Kreativität durch die richtigen Beziehungen? Neben den Fotos zeigt Kovacs auch die Absagen, die sie auf ihre Anfragen zum Musenkuss erhalten hat. Und auch hier zeigen sich die verschiedenen Auffassungen des Musenbegriffs, ist doch die Frage ob man nicht eher ungeeignet als Muse sei ein immer wieder kehrender Einwand. Dass die Fotoserien dennoch so etwas wie eine poetische Kraft entwickeln und teilweise richtig verträumt wirken, zeigt aber sehr schön, dass Kunst ganz ohne jeden Zauber und einen Hauch von Romantik eben doch nicht auskommt. Und so scheint es auch nicht allzu verblüffend, wenn sich beim Betrachten der Arbeiten das Gefühl einschleicht, dass hier eher die Muse geküsst wird als umgekehrt, die vermeintlichen Musen also dankbar sein können von der Künstlerin erwählt worden zu sein. Ob aber wirklich so etwas wie ein kreativer Funke übergesprungen ist, bleibt offen.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Brigitte Kovacs - Musenanruf
14.10 - 05.11.2011

Startgalerie im MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 1 4000 8400, Fax: +43 1 4000-99-8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa 11-16 h


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