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Eröffnung Pinakothek der Moderne: Mega und Meta

Im Obergeschoss der neuen Pinakothek der Moderne, da zeigen sie die Bilder. Die Abteilung für die fortgeschritteneren Phasen der Epoche wird dabei mit jener Halde aus Basaltstelen eingeleitet, die Joseph Beuys unter dem Titel \"Das Ende des 20. Jahrhunderts\" aus Resten seiner \82er documenta-Arbeit zusammenfügte. München hat ja lange gebraucht, bis es sich dem rhetorischen Rheinländer öffnete. Doch nun gibt man sich sehr westlich. Rheinisch-westlich. Die Räume, die Georg Baselitz, Sigmar Polke oder Cy Twombly darbieten, sind so offenbar von den westdeutschen Großgaleristen und ihren Filialen bespielt, dass man das Gefühl hat, man befinde sich in Sichtweite des Kölner Doms. Nachdem der Bau von Stephan Braunfels mit seinen Betonpfeilern, seinem ausladenden Flachdach und der Diagonalstruktur viele Ähnlichkeiten zur Arbeit von Axel Schultes aufweist, reibt man sich angesichts der versammelten Üblichkeiten im Inneren die Augen: Ist das nicht das Kunstmuseum Bonn? Auf der anderen Seite, immer noch Obergeschoss, stößt man dann auf etwas, das sie im Rheinland weniger haben: Klassische Moderne. Doch kein Ende des Konventionellen, im Gegenteil. Der überaus funktionale architektonische Rahmen mit seiner orthodoxen White Cube-Ästhetik bringt perfekt zur Kenntlichkeit, wie langweilig hier gehängt ist. Picasso an Braque, Marc an Kandinsky. Fadesse im All Over. Es macht nicht besser, dass man die Präsentation, entgegen der Chronologie und offenbar völlig unbeeindruckt von der prekären Gegenwart dieser Geste, mit den deutschen Expressionisten beginnen lässt. Gegen diese seltsam unbedachte, von Interessen und Gewohnheiten diktierte Selbstdarstellung der Staatsgemäldesammlungen dürfen nun drei weitere Institutionen anarbeiten. Dafür haben sie das Erdgeschoss (Graphische Sammlung und Architektursammlung) und das Souterrain zugeteilt bekommen, wo die Neue Sammlung mit der Didaktik des Designs aufwartet. Nicht gerade an prominenter Stelle, hinter der Buchhandlung, wurde ein Raum freigeschaufelt, in dem das Haus so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl verbreitet, eine Interferenzzone voll von jenem Witz und jenem Charme, an denen es doch großflächig gebricht. Pipilotti Rist und ihre \"Himalaya Goldsteins Stube\" in dreistestem Gelsenkirchener Spätbarock zwingen die Sphären zusammen. Die Pinakothek der Moderne ist ein Mega-Museum. Für einen glücklichen Moment wird sie hier zum Meta-Museum.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Eröffnung Pinakothek der Moderne
15.09.2002 - 14.01.2008

Pinakothek der Moderne
80333 München, Barer Straße 40
Tel: +49 89 23805 360
Email: info@pinakothek.de
http://www.pinakothek.de
Öffnungszeiten: Di - Mi 10.00 - 18.00, Do 10.00 - 20.00, Fr - So 10.00 - 18.00


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