Werbung
,

Rosa Loy und Neo Rauch - Hinter den Gärten: Das gründlichste Antiaphrodisiacum

„Jede Generation erlebt die Moden der gerade verflossenen als das gründlichste Antiaphrodisiacum, das sich denken läßt“. Ein gewisser Benjamin hat sich die Sentenz von der abtörnenden Wirkung des jüngst Vergangenen ausgedacht, und sie gefiel ihm wohl selbst, denn er notiert sie sich in seinem „Passagen-Werk“ gleich zweimal (für Liebhaber: die Nummern B 1a, 4 und B 9,1). Für unsere Generation scheint es seit geraumer Zeit Neo Rauch zu sein, dem eine solche Gegenerotik zukommt. Als er jüngst in Baden-Baden ausstellte, wollte eine nicht unwichtige Kritikerperson eine Rezension dazu unterbringen, und keines der fünf Organe, für die sie schreibt, zeigte auch nur ein müdes Lächeln. Womöglich hat es Judy Lybke, der umtriebige Galerist des Meisters aus Leipzig, auch gerade seinem Malerstar zu verdanken, dass man ihn dieses Jahr von der Art Basel relegierte. Wie auch immer. Ich darf jetzt jedenfalls über Rauch schreiben. Und über seine Frau Rosa Loy, mit der er seit 1985 verheiratet ist, mit der er immer schon einmal gemeinsam ausstellen wollte und mit der ihn doch eine, sagen wir, ähnliche Strategie der Bildorganisation verbindet. Beide setzen sie ausgesucht vereinzelte Figuren in wie vom Himmel gefallene Ambientes, so dass sie jetzt da sind, die Gestalten und ihre Umgebung, und man nun anfangen darf, den Sinnfindungsapparat in Betrieb zu nehmen. Die naheliegende Frage, wer da was von wem hat, wurde am Eröffnungsabend von einer nicht genannt bleibenden Person aus dem Leipziger Umfeld dahingehend beantwortet, dass die Frau (die auch zwei Jahre älter ist) eher dem Mann voranging als umgekehrt (was man heutzutage, gendergestählt, ohnedies zu erwarten hat). Rauch kann ja wirklich gut malen. In den Details seiner Arrangements, den Stilleben, den Landschaften, gibt es wunderbare Stücke, Morceaux, wie man das einst nannte, die sich indes nicht zu einem Tableau fügen. Rauch verfehlt die bildnerische Gesamtheit, denn die wird immer schon dementiert von seinem notorischen Hang zum Geheimnistuerischen, Mythisierenden, Außerirdischen, einer Apokalypse als Westentaschenhorror. Früher oder später musste einem das auf die Nerven gehen. Rosa Loy ist konkreter. Sie hat sichtlich die geringere Technik, entsprechend spielt sie auf der Klaviatur des Bad Painting. Ein wenig naiv blicken ihre mädchenhaften Gestalten heraus aus den ebenso klaustrophobischen wie arkadischen Szenarien, in denen sie mit Bienenkörben kuscheln und Schmetterlinge umgarnen, die größer sind als sie selber. Doch immerhin adressieren sie sich, haben sie einen Blick, während es bei Rauch nicht einmal Augen gibt, sondern nur verschattete Wohin-auch-immer-Gekehrtheit, die offenbar Dinge aufrufen soll, die nicht von dieser Welt sind. „Hinter den Gärten“ heißt die Schau in der Sammlung Essl. Die Frage, ob dahinter wirklich etwas kommt, bleibt unbeantwortet.
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Rosa Loy und Neo Rauch - Hinter den Gärten
02.09 - 16.11.2011

Essl Museum
3400 Klosterneuburg, An der Donau-Au 1
Tel: +43-2243-370 50 150
http://www.essl.museum
Öffnungszeiten: geschlossen


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: