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9/11: vernichtete Kunstschätze

Kunst im Wert von 100-230 Millionen US-Dollar wurde unter den Trümmern des WTC begraben, darunter die größte Privatsammlung von Rodin-Skulpturen. Nackt, mit einem gebrochenen Arm und ohne Kopf lag die bronzene Statue im Schlamm. Inmitten eines monumentalen Trümmerhaufens schimmerte ihr muskulöser Rücken im Winterlicht. Diese Zeilen schrieb ein amerikanischer Journalist Ende Jänner, als er über die Sortieranlage der Überreste von Ground Zero auf Staten Island berichtete. Zwischen den Habseligkeiten der Opfer, zerborstenem Stahl und Betontrümmern hatte er also die Fragmente der Rodin-Skulptur ausgemacht. Ein letzter Hinweis, denn \"Der Denker\" ist mittlerweile spurlos verschwunden. Das Symbol für Eleganz und Stärke war Teil der mit 300 Exponaten weltweit größten Privatsammlung an Rodin-Güssen. Eigentümer war Howard W. Lutnick, der den Anschlag auf das WTC nur deshalb überlebte, weil er ausnahmsweise später ins Büro fuhr. Seine Brokerfirma Cantor Fitzgerald verlor 658 von 960 Angestellten. Angesichts der menschlichen Tragödien erscheinen solche Verluste freilich bedeutungslos. Wie viele Kunstschätze beim Terroranschlag und dem anschließenden Einsturz am 11. September tatsächlich zerstört wurden, bleibt größtenteils im Dunkeln. Denn es gibt keine genauen Aufzeichnungen mehr, von 100 bis 230 Millionen US-Dollar Schaden ist die Rede ? darunter Werke von Picasso, Lichtenstein, Hockney, erwähnter Rodin und gemäß einer Liste des Hotels Marriott 40 Arbeiten von Künstlern wie Paul Klee oder Le Corbusier. Lutnicks Sammlung war bei der Axa-Art versichert. Der Wert: 20 Millionen US-Dollar. Dies sei der größte Schaden, den man in der 40-jährigen Firmengeschichte zu regulieren hatte, merkte der Vorstand Ende vergangenen Jahres an. Seit Anfang 2002 sind Terroranschläge bei Axa-Verträgen ausgeschlossen. Wer sich künftig gegen Folgen von derartig unkalkulierbaren Attacken absichern will, muss eine Zusatzprämie berappen. Auf den öffentlichen Plätzen rings um die Twintowers waren mehr als hundert Kunstwerke gestanden, von denen viele speziell für das WTC gefertigt worden waren. Allein diese ? darunter Joan Miró, Louis Nevelson, Masayuki Nagares oder Elyn Zimmermanns Mahnmal an die Opfer des WTC Bombenattentats 1993 ? waren nach Expertenschätzungen mehr als zehn Millionen US-Dollar wert. Im Umkreis der Türme war auch 30 Jahre lang Fritz Koenigs dem \"Leben\" gewidmete Monumentalplastik \"The Sphere\" (Die Kugel) gestanden. Die New Yorker Finanzszene hatte der Skulptur den Beinamen \"Weltfrieden durch Handel\" verpasst. Am 11. September 2001 hatte es so ausgesehen, als sei dieses zentrale Werk seines Schaffens und der größte Auftrag, den je ein deutscher Bildhauer für die USA erhalten hatte, in Staub zerfallen und unter einem Berg von Trümmern begraben. Wenige Tage nach der Katastrophe ragte die Spitze der Kugel aus dem Schutt heraus. Fritz Koenig erfuhr, dass sein Werk zwar beschädigt, aber erhalten war. Ein Monat später reiste der Bildhauer nach New York, um sich von \"dem Stück Abfall\", wie er die stark deformierte Kugel nannte, zu verabschieden. Die Stadt New York war jedoch anderer Ansicht und stellte das Werk, das den Wunsch nach globalem Frieden symbolisierte, als temporäres Mahnmal im Battery Park auf. Weitere Infos zu: Rodin www.musee-rodin.fr/welcome.htm ARD-exklusiv Fritz Koenig Dokumentation www.br-online.de/ard/dokumentationen/20020910.html Rodin-Repliken \"Der Denker\" www.poster.de/Rodin-Auguste-k.html
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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