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Urbanität, Witz und Parkschaden

Die Jennyfair gab 2009 den Startschuss: Als Parallelveranstaltung zur VIENNAFAIR, der internationalen und „großen“ Wiener Messe für zeitgenössische Kunst. Schräg gegenüber dem Haupteingang zum Messegelände und damit zur VIENNAFAIR wurden in den Räumlichkeiten der Ausstellungsstraße sieben verschiedene künstlerische Positionen gezeigt, die sie unter dem schnippischen Titel Jennyfair als transdisziplinäre Plattform zwischen künstlerischer Undergroundszene und Öffentlichkeit darstellten. Sie erreichten auch die angestrebte Aufmerksamkeit, und die hält bis heute an. Die Jennyfair ist gut besucht und konnte schon so manchen erfolgreichen Kontakt zwischen KünstlerInnen und Galerien erzielen. Auf die Pionierarbeit der Jennyfair folgt inzwischen eine neue Generation von sogenannten Satellitenmessen rund um die VIENNAFAIR: 2011 eröffnete auch das Kunstmagazin spike im MAK ihre Fruits, Flowers and Clouds. Das junge Künstlerduo Iv Toshain und Matthias Makowsky veranstalteten die PARKFAIR mit der themenbezogenen Ausstellung ENTARTAINER am Parkdeck des nahe der VIENNAFAIR gelegenen Einkaufszentrums Stadion Center und ebenfalls nicht weit entfernt lud die ONE BEFORE / MESSE+ „zur niedrigschwelligen Vermittlung von (kommerziell unterrepräsentierten) Positionen vorwiegend in Wien lebender Künstlerinnen und Künstler“ in die privaten Räume eines Ateliers. Von der als „Next Generation“-Kunstmesse propagierten Fruits, Flowers and Clouds hätte man sich allerdings mehr erwartet. Rita Vitorelli und Maximilian Geymüller verzichteten auf jede „überflüssige“ Attitüde wie Empfänge, Vorträge, Panels und Kataloge. Sie luden auch nicht die Galerien, sondern 27 internationale KünstlerInnen ein, die trotz beachtlicher Qualität zumindest gegenwärtig in Österreich wenig öffentliche Beachtung finden und wählten in Zusammenarbeit eine entsprechende Galerie. Das Resultat der Einzelpräsentationen in einem sehr offenen architektonischen System entspricht weniger dem herkömmlichen Bild einer Messe als dem einer großen Gruppenausstellung von sehr unterschiedlichen, durchaus markanten künstlerischen Ausdrucksformen. Die Formate und Medien sind abwechslungsreich und oftmals progressiv, die Preise meist moderat. Die Atmosphäre ist entspannt, aber für einen Messebetrieb wenig aktivierend, darüber täuscht auch der fast pausenlos hallende Ton diverser Videos nicht hinweg. Gut beworben, mit prominentem Standort, namhaften Galerien und spektakulärem performativem Rahmenprogramm, bleibt dennoch der Besucherzustrom begrenzt. Das Konzept von spike ist für Wien zwar neu, oder zumindest anders als sonst, aber ging offensichtlich nicht auf. Zahlreiches Publikum fand sich dagegen zur Eröffnung der PARKFAIR ein, die auch um 20.30 Uhr direkt auf diejenige der VIENNAFAIR folgte. Das unprätentiöse und dabei in seiner Urbanität aparte Parkdeck zwischen Stadion, Prater und schmucklosen Siedlungsbauten war der adäquate Ort, um Kunst und Künstler an der Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Raum zu demonstrieren. 32 künstlerische Positionen prägten unter dem Thema „Der Künstler als Unterhalter“ drei Tage lang durch ortspezifische Interventionen, Installationen, Performances sowie Video- und Medienkunst den unüblichen Ausstellungsort. Gewohnte Perspektiven wurden aufgebrochen, Kunst und ihr Kontext anders wahrgenommen und neue Horizonte assoziativ geöffnet. Iv Toshain und Matthias Makowsky organisierten, kuratierten und präsentierten neben eigenen Werken zeitgenössische Arbeiten anderer KünstlerInnen, die individuell sehr divergent, doch pointiert und präzise das Thema ENTERTAINART mit künstlerischer Qualität transportieren. Unter anderem konnten auch etablierte KünstlerInnen wie Franz Graf, Brigitte Kowanz, Thomas Feuerstein oder Lori Hersberger für das engagierte und mutige Unternehmen gewonnen werden. Die selbst gesetzte hohe Herausforderung sich der VIENNAFAIR mit einer eigenen Veranstaltung auf programmatischem wie werkspezifischem Niveau gegenüber zu stellen, haben Iv Toshain und Matthias Makowsky mit Bravour gemeistert. Nur das wetterbedingte Risiko durch die offene Situation am nur teilweise überdachten Parkdeck forderte seinen Tribut. Leider überstanden nicht alle Exponate die stürmischen Windböen so unglimpflich wie die Insassen des roten BMWs die gelungene Performance von David Moises Begeisterter Parkschaden. Die Motivation die PARKFAIR weiter zu veranstalten und noch weiter zu entwickeln ist deswegen nicht gebrochen. Und das ist gut so, denn besonders diese Initiative realisierte eine Vision, die anspruchsvolle Kunst mit kritischen Aspekten verbindet und auf humoristischem Weg selbst einer von Vergnügungsdekadenz verwöhnter Öffentlichkeit vermitteln kann. Die Satelliten der VIENNAFAIR bringen eine geballte Dichte in das Kunstmessenprogramm, das, wenngleich schwer überschaubar und kaum bewältigbar, die Wiener Szene belebt. Es geht weniger um Makellosigkeit der einzelnen Veranstaltung als um Anregung zum innovativen Diskurs rund um das zeitgenössische Kunstgeschehen. Ob dieser nun geschieht, liegt weniger an den Organisatoren als am interessierten Publikum.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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