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Curated by Ami Barak: Communism never happend: Rückkehr zur Affirmation

Das ist keine besonders bekömmliche Ausstellung, auch wenn sie nur weniger grau, düster und trostlos wirkt als sonst die Shows, die aus dem ehemaligen Osteuropa kommen. In den Nebenräumen der Galerie Charim findet man auch keine postkommunistischen Obszönitäten, sondern verführerische, den allgemeinen nostalgischen Geschmack sättigende Exponate von Olivia Mihaltianu. Die junge Künstlerin hat diverse gefundene Fetische der Konsumgesellschaft wie eine alte Markenbrille, Fendi-Schuhe oder eine Kamera als Symptome der neuen rumänischen Identität attraktiv zur Schau gestellt. 5 Lichtboxen in Form typischer Schuhkartons heißen „Trousse Beauté“. Aus ihren leuchtenden Deckeln glänzen die liebenswerten Images begehrenswerter Objekte hervor. In der „Persona“ Serie erfand Mihaltianu ihre gerade aktuellen Selbstbildnisse - in immer neuen lebensfrohen Kombinationen mit umgebenden Dingen unter Einbeziehung wechselhaft changierender Perspektiven. Hat also der Kommunismus nie stattgefunden? - wie uns der Titel der von Ami Barak zusammengestellten Ausstellung mit den rumänischen Künstlerinnen der Gegewartskunstszene zu belehren sucht. Den Spruch entlehnte Barak einer Arbeit von Ciprian Muresan aus dem Jahr 2006. Ein kuratorischer Einfall, um das Phantom des Nihilismus, welches Europa immer schon geplagt zu haben scheint, zu guter Letzt zu überwinden. Folglich geht’s darum, das Hineinstürzen ganzer Territorien in einen Abgrund, vor allem in Südeuropa, abzuwenden. Das Leugnen des Kommunismus bildet diesbezüglich ein parates Gegenmittel in einer Ausstellung, die eher ein paar auf dem globalen Kunstmarkt bereits gut verankerte KünstlerInnen als die verdrängte Kehrseite der europaschen Kultur zeigt. Die ausgewählten Bilder, Fotografien, Objekte und Videos setzen sich mit der postkommunistischen Geschichte und ihrem postideologischen Überbau diverser Provenienz auseinander und werten sie mit verschiedenen Ansätzen von kritisch bis ironisch. Die Arbeiten von Mircea Cantor gehen von der Umkehrung der platonischen Werte aus. In seinem s/w Diptychon Io, das die Ausstellung eröffnet, erscheint einmal ein Tunnel als dunkle Höhle und ein zweites Mal als erleuchtender Ausblick. Der ins Bild inkludierte junge Betrachter beobachtet die zwei Welten als wollte er sich unaufgezwungen zur entgegengesetzten Welt durchdringen: zur Affirmation einer Welt so wie sie wirklich ist. Die mit individueller und kollektiver Erinnerung spielenden und mehr als nur farblich irritierenden Gemälde von Andrian Ghenie leben von der malerisch-materiellen Synthese der hybriden, sich uberlappenden Motive aus dem kulturgeschichtlichen Labyrinth. Die traumatischen Erlebnisse aus der Vergangenheit mit ihrer Denkfiguren lösen sich Schritt für Schritt im Gedächtnis und in Bildern auf, auch wenn ihre Präsenz einst so schmerzvoll und allgegenwärtig war. Ghenies Study for Boogeyman liefert ein Beispiel fur unsere Anlage zur Verdrängung. Es stellt das Gesicht des Diktators Ceausescu dar, das dem diabolischen Helden aus Stephen Kings Roman, Boogeyman, in seinem makabren Ausdruck ziemlich nahe kommt. Vergleichbar vielschichtig aber nicht so gespenstisch wirken dagegen die Fotografien aus der Serie Reconstruction von Josif Király, der verschiedene aufeinander folgende Alltagsmomente schnappschussartig in ein Bild fügt. Die Gesichter seiner handelnden oder nur ruhenden Menschen bleiben austauschbar, anonym und eigentlich nicht erkennbar. Die eigenwilligen, zwischen Alltagsdesign und Kunst schwankenden, schwarzen und weißen Wand- und Bodenobjekte aus lackierten Eisen oder Holz der vor kurzem überraschend verstorbenen, international gerade aufsteigenden Ioana Nemes (geb. 1979) laden stattdessen zur Kontemplation ein. Durch die Archaik ihrer Formen und Ornamente und die Rückgriffe auf heidnische und christliche Rituale deutet die postkonzeptuell agierende Künstlerin deren Idee des „ewigen Umlaufs“ des Gleichen als Signal einer Affirmation des wiederkehrenden Lebens nach dem Fall des Kommunismus.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Curated by Ami Barak: Communism never happend
13.05 - 18.06.2011

Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h


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