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Patrick Baumüller - Point of no Return: Schlammgrüne Systemkritik

Für eine temporäre Nutzung stehen der Galerie Michaela Stock derzeit Räumlichkeiten direkt neben der Galerie zur Verfügung. In diesen stellt sie bis 10.4. aktuelle Arbeiten von Patrick Baumüller aus. Point of No Return ist das verbindende Thema der sechs Exponate sowie der Titel eines Bildes: Ursprünglich angeregt von den formalen Qualitäten des Schriftzugs in Mandarin und in der Folge von seiner Bedeutung „point of no return“ kreierte Baumüller ein Triptychon. Auf drei quadratischen Keilrahmen ist olivegrüne LKW-Plane gespannt, darauf sind in dunkelroter Klebefolie die chinesischen Zeichen gesetzt, die wiederum von Lettern durchbrochen werden. Es sind deutsche Wortwendungen oder Gesprächsfetzen, die Patrick Baumüller diskursiv um das Thema Kennen, Erfahrung und Ambivalenz zwischenmenschlicher Beziehungen bzw. Begegnungen kreisen lässt. Die Anordnung der drei Felder ergeben einen nach oben gerichteten Pfeil, doch die dumpfe Farbigkeit und feste Körperlichkeit des verwendeten Materials leistet jeder formalen Leichtigkeit Widerstand, der Eindruck ist schwer und massiv. Der matschige Grünton in Verbindung mit den nicht sofort identifizierbaren, durchlöcherten und fast blutroten chinesischen Zeichen vermittelt ein unwillkürliches Unbehagen. Die Beunruhigung wird durch die lesbaren Satzfragmente noch gesteigert, denn es sind zusammenhanglos aneinander gereihte Fragen und Feststellungen, Phrasen, die keine Antworten geben. Baumüller setzt mit Vorliebe gebräuchliches kommerzielles Material ein, nicht um vordergründig eine verstärkte Verbindung von Kunst und Alltag zu erzielen, sondern um inhaltliche Aspekte durch den Kontext der sonst üblichen Verwendung augenscheinlich zu machen oder auch subversiv zu erweitern. Lampedusa ist eine Lichtinstallation aus 13 „hässlichen“ Decken- und Wandleuchten aus den 70er Jahren, die mit grünen und blauen Glühbirnen bestückt, ungeordnet und geradezu lieblos in eine Ecke geräumt sind. Für die Fotoarbeit mass product dienten Darstellungen von männlichen Modepuppen aus dem Internet als Vorbild, die durch Vergrößerung verpixelt sind. Die anscheinend idealen Männer verlieren bei näherer Betrachtung ihre Perfektion und werden unscharf, nicht greifbar und undefiniert. Matonna ist eine Sanduhr, gefertigt aus zwei Weinflaschen und gefüllt mit Beluga-Linsen. W.E.T.O. Missiles erhält durch die Multiplikation von am Computer gestalteten Bomben und Raketen seine dynamische Geschwindigkeit und synergetische Ästhetik. Die Kritik an Politik und Gesellschaft ist in diesen Arbeiten unschwer nachzuvollziehen. Die Symbolik von Lampedusa ist durch den Titel klar, die Anspielung fast platt, ohne den besagenden Titel hingegen beliebig austauschbar. Baumüllers Anliegen ist berechtigt, wenn auch nicht von gegenwärtiger Brisanz, die künstlerischen Lösungen sind ästhetisch, wenn auch nicht brandaktuell und in den kleineren Werken ist der sinngerechte Anspruch vielleicht gar zu offensichtlich transportiert - und daher nur kurzfristig reizend oder anregend. Dem gegenüber weist neben Point of No Return die zweite große Arbeit Grüne Mamba mehr inhaltliche Substanz vor. Im fröhlichen Grün einer Lichterschlange leuchtet in harmlos braver Schreibschrift das Wort „Gift“ von einem Hasenstallgitter. Die Ironie des kindlichen „lieben“ Schriftbilds wird durch den netten Schnörkel am G noch zugespitzt – ein Werk, das Spaß macht.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Patrick Baumüller - Point of no Return
16.03 - 10.04.2011

next door Galerie Michaela Stock
1040 Wien, Schleifmühlgasse 18
Tel: +43-1-920 77 78
Email: info@galerie-stock.net
http://www.galerie-stock.net/
Öffnungszeiten: Mo - Fr 15:00-19:00, Sa 11:00-15:00


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