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Die Kultur der Kulturrevolution - Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong: rot, glänzend, strahlend, erhaben, bedeutend, umfassend

„Dem Volke dienen“ in Maos persönlicher Handschrift steht auf dem Deckel einer Teekanne. Auf dem Bauch ein weiteres Mao-Zitat, darunter eine ungewöhnliche Landschaftsdarstellung: ein Feld wird von einem Kraftwerk, Strommasten, Fabriken und einem Traktor „bevölkert“. Diese Teekanne ist seit 2005 in Besitz des Völkerkundemuseums in Wien. Zurzeit ist sie mit vielen weiteren „Alltagsobjekten“ (Plaketten, Karikaturen, dekorierter Hausrat etc.) in der Ausstellung „Die Kultur der Kulturrevolution. Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong“ zu sehen. Gesammelt wurden die „banalsten Dinge des täglichen Lebens“ aus der Zeit der Kulturrevolution (1966 bis 1976) vom Chinaexperten und Journalisten Helmut Opletal, dem sie von chinesischen Freunden nahezu aufgedrängt wurden. Inzwischen zu gesuchten Sammlerstücken mutiert, wurden die „Mao-Andenken“ seit dem 100. Geburtstag Mao Zedongs 1993 (1893-1976) zunächst „neu aufgelegt“, später für ausländische Touristen sogar kopiert oder gefälscht. Eine weder im In- noch im Ausland kaum aufgearbeitete Epoche der chinesischen Geschichte wird anhand von Alltagsgegenständen in vier Räumen gezeigt, wobei der Blickwinkel bewusst europäisch gewählt wurde: zwischen den Themen „Kult“ und „Alltag“ wird der „Terror“ nicht ausgeklammert, ebenso wie im vierten Saal „Mao ist tot, lang lebe Mao“ die 1968-Bewegung in Europa und die (mehr oder weniger) künstlerische Auseinandersetzung seit den 80er Jahren. Der Ausdruck „politisches Design“ ist geschickt gewählt, denn auf den zweiten Blick verabschiedet man sich vom oberflächlich abwertenden Begriff „Kitsch“, der einem beim ersten Hinsehen noch auf der Zunge liegt. Zu symbolträchtig sind die Darstellungen, zu sehr war Kunst als „Rädchen im Gesamtmechanismus der Revolution“ (zitiert - aus einem Artikel von Elisabeth Slavkoff - frei nach Mao, der wiederum Lenin zitiert) Teil der Propagandamaschinerie die erstaunlich weit in das Alltagsleben der Untertanen einsickerte. Praktisch alle Gegenstände des täglichen Gebrauchs waren Teil der Propagandamaschinerie – von der eingangs erwähnten Teekanne bis zu Produktverpackungen, Kochtöpfen und Radios. Auf traditionellen Elementen des kaiserlichen China (etwa der Einheit von Bild und Schrift), des Buddhismus, der Volkskultur basierend, ließ man ab 1942 auch ausländische Einflüsse zu: „Lasst die Vergangenheit der Gegenwart dienen, lasst uns das Ausländische für China nutzen“ hieß es. Die Ölmalerei nach Vorbild des sowjetischen Realismus erhielt Formen und Farben der chinesischen Volkskunst. Ab 1966 spricht man von einem „Revolutionären Realismus“ und „Revolutionären Romantizismus“. Die Darstellungen hatten vor allem eines zu sein: rot, glänzend, strahlend, erhaben, bedeutend, umfassend. Davon kann man sich hier ein gutes Bild machen. Schade nur dass ein wichtiger Teil der Propaganda in der Ausstellung völlig ausgeblendet wird: der Ton. Keine revolutionäre Hymne und keine feurige Ansprache stören die heute manchmal recht skurril anmutenden Objekte revolutionären Gestaltungswillens.
Mehr Texte von Maria-Gabriela Martinkowic

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Die Kultur der Kulturrevolution - Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong
18.02 - 19.09.2011

Weltmuseum Wien
1010 Wien, Neue Burg
Tel: +43 1 534 30 – 5052
Email: info@weltmuseumwien.at
http://www.weltmuseumwien.at/
Öffnungszeiten: täglich außer Dienstag 10-18 Uhr


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