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Art Cologne: Das Wunder vom Rheinland

Belgier stehen auch auf 44-Jährige – wenn sie nicht mit den einheimischen Schönheiten im Clinch liegen. Die verstärkte Zuneigung der westlichen Nachbarn konnten Macher und Aussteller der 45. Art Cologne bei der Eröffnung registrieren, die erstmals seit einigen Jahren nicht mit der Art Brussels kollidiert, die auf das Wochenende nach Ostern ausgewichen ist. Doch ist das nicht der einzige Grund zur Freude in Köln. Das unermüdliche Networking des Messedirektors Daniel Hug rund um den Globus hat sich augenscheinlich bezahlt gemacht. Zahlreiche Big Shots der internationalen Galerienszene geben der Alten Tante Art Cologne noch einmal eine Chance – oder sogar mehrere. Hauser & Wirth aus Zürich und London etwa, die 2009 schon einmal auf Stippvisite waren, sind wieder da und fahren gleich richtig auf. Mit einer großen Installation von Paul McCarthy etwa. Das selbst für den notorischen Provokateur ungewohnt krude Gewusel von Gewalttätigkeiten springt den Betrachter von seiner grob gezimmerten Heimwerker-Lafette geradezu an, und es besteht eigentlich überhaupt keine Chance, dass irgendjemand im Rheinland so etwas kauft. Dessen ist man sich bei der Galerie auch durchaus bewusst. „Es ist keine Messe wie die Art Basel oder die Frieze“, erklärt Anna Helwing aus dem Züricher Stammhaus die offensichtliche, gleichwohl in Köln immer noch nicht bei jedem Lokalpatrioten angekommene, Sachlage. Aber – und hier beginnt das Lob - „die Gespräche hatten von Anfang an ein Niveau wie sonst kaum irgendwo.“ Daher ist dann eher Köln als etwa Miami der Ort, an dem die Großgalerie die „Nachwuchskünstlerin“ Phyllida Barlow erstmals auf das internationale Parkett schickt. Als traditioneller Hort kenntnisreicher Sammler genießt das Rheinland eben immer noch einen exzellenten Ruf. Und der lockt dann auch Galerien wie Lelong (Paris/New York) oder Team (New York), wenn die Rahmenbedingungen stimmen. So ist ein Ausstellerfeld zusammengekommen, das in dieser Dichte in Köln noch nie zu sehen war. Die Namen waren zwar wohl fast alle schon einmal da – und noch viel mehr – doch das war zu Zeiten, als die Art Cologne vor schierer Größe zum beliebigen Brei verkam und unsteuerbar in den Niedergang schlitterte. Jetzt ist die Messe mit rund 200 Galerien kleiner als die Artefiera in Bologna oder die Art Karlsruhe und wesentlich attraktiver. Selbst an den Rändern fällt das Niveau zwar bisweilen etwas ab, doch sind die Totalausfälle ausgeblieben. Vielleicht hätte der eine oder andere Aussteller vorher mehr Standortrecherche betreiben sollen. Das gilt besonders für das Obergeschoss mit den zeitgenössischen Positionen. Hier mutet man dem Publikum etwas sehr wenig zu. Medienkunst fehlt fast völlig, obwohl die Pioniere der Videokunst hier doch eine erste Hochburg hatten. Weil alle Geld verdienen wollen und müssen, beschränkt man sich gern auf Positionen, mit denen man vielleicht den dekorationsorientierten New Yorker Geschmack trifft. In Köln hätte es gern etwas experimenteller sein dürfen. Denn ein besseres Geschäft macht man als Auswärtiger mit stromlinienförmiger Ware nicht. Dass der Rheinländer gerne beim Rheinländer kauft, ist bekannt. Wenn also Klaus Benden aus Köln einem rheinischen Sammler eine Wandarbeit von Tom Wesselmann verkauft, Hammelehle und Ahrens schon am Eröffnungstag sechsstellig an ihre bekannten Kunden oder Fiebach, Mininger aus Köln eine Skulptur des ohnehin von ihnen gesammelten Brett Lund an die Rubells, dann ist das zwar ganz schön, hilft aber dem Marktplatz Köln nicht als internationale Drehscheibe. Dazu müssen mehr Sammler aus dem Ausland Köln wieder auf ihre Agenda setzen. Und das dauert seine Zeit. Das scheinen die Rückkehrer begriffen zu haben, denn allenthalben wird die Bereitschaft signalisiert, sich für länger als nur ein Gastspiel zu engagieren. Und nachdem das innerdeutsche Pendel wieder deutlich Richtung Rhein zu tendieren scheint, muss man sich nur noch mit der belgischen Nachbarin arrangieren, um das bevorstehende Messesterben zu überstehen. Denn dass Deutschland fünf Messen für Zeitgenössische Kunst (Berlin, München, Karlsruhe und anderthalb mal Köln) weder braucht noch ernähren kann, dürfte jedem einleuchten.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Cologne
13 - 17.04.2011

Art Cologne
50679 Köln, Hallen 4 - 5, Messeplatz 1
Tel: +49-221 821 32 48
Email: artcologne@koelnmesse.de
http://www.artcologne.de
Öffnungszeiten: täglich 12 - 20 Uhr


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