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Cobra

Die Meistererzählungen von der Moderne handeln von der Emanzipation. Sie handeln von der Emanzipation der Kunst, und wovon sie sich befreit, ist die Realität. Die Farbe wird autonom, die Fläche wird eigensinnig, und mit der Abstraktion ist endgültig alles weggewischt, was sich an äußeren Einflüssen geltend macht. Lassen sich solche Akte der Autonomisierung aber tatsächlich als Ausdruck von Souveränität verstehen, als jene Handstreiche, die ein Korsett sprengen? Nein. Das jedenfalls ist die Antwort einiger Künstler, die sich in Kopenhagen, Brüssel und Amsterdam zusammenfanden, und hier eine Befreiung von der Befreiung probierten. CoBrA, wie sie sich nach den Anfangsbuchstaben der drei Städte nannten, liefert seinerseits eine Reaktion auf die Erfahrungen mit dem Totalitarismus. Eine neue Libertinage sollte möglich sein im Nachkriegsjahr 1948, als man sich konsituierte. Befreiung konnte jedenfalls nicht darin zu greifen sein, dass man sich, nur um abstrakt zu arbeiten, jeden Bezug zur Wirklichkeit verbot. Im Gegenteil, gleichsam automatisch, im unablässigen Rotieren der eigenen Psyche, tauchen Wahrnehmungen auf, die auf Bedeutung, also auf Konkretes zielen. Die Gesten, die die Leinwand füllen, die Schlieren und Heftigkeiten, lassen unweigerlich Bekanntes erstehen, zumindest einen Kopf, eine Fratze, die einen anblickt, und man blickt zurück. Aus den Gesichten des Künstlers wird ein Gesicht. Corneille (Cornelis van Beverloo) 1922 - 2010 Mit Cobra hatte sich aber auch eine Kontinuität vorstellen lassen zu den großen Zielen der künstlerischen Ismen. Dass diese Ziele den Krieg überdauern konnten, hat etwas mit Militanz zu tun. Jetzt ist Corneille gestorben. Er war der letzte, der übrig geblieben war von der ultimativen Kadertruppe der Avantgarde.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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