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ESCAPE 2010 - Escape the Golden Cage - Urban Art: street art vs. urban art

Angeregt durch ihre Mitarbeit an der Ausstellung „Street and Studio“ in der Kunsthalle Wien (25.06. – 10.10.2010) initiierte und kuratierte Sarah Musser ihre eigene Schau zum Thema Street Art und Urban Art: „ESCAPE 2010 – Escape the Golden Cage“. Im Unterschied zur retrospektiv ausgerichteten Veranstaltung in der Kunsthalle ist der Fokus auf das wirklich aktuelle Geschehen von Urban Art gerichtet. Im Zuge ihrer Recherchen war die 25-jährige Kunsthistorikerin in die Szene Berlins eingetaucht und hatte so die unterschiedlichsten Formen von Street Art, Graffiti-Kultur und anderen Interventionen im öffentlichen Raum unmittelbar erlebt und kennengelernt. Im direkten Kontakt mit Künstlern aus In- und Ausland traf Sarah Musser die Auswahl der Exponate nach rein qualitativen Kriterien um unabhängig von Nationalität oder Bekanntheitsgrad des Künstlers die Vielfalt innerhalb des Spektrums Urban Art zu präsentieren. Klar soll diese Kunstrichtung begrifflich von Street Art differenziert sein: Für Street Art ist die Verortung auf der Straße unabdingbares Medium. Über diese wird sie in dichter Interaktion mit der Gesellschaft aktiv und wirksam. Der urbane öffentliche Raum stellt für die Street Art-Künstler ein demokratisches Umfeld dar, das von den Zeichen der Corporate Culture dominiert und profitorientiert besetzt ist und durch künstlerische Intervention zurückerobert werden soll. Nicht selten werden die Künstler in nächtlichen, mitunter gefährlichen Aktionen und unter nicht gesetzeskonformen Umständen kreativ. Während Street Art in keinem Fall isoliert im Rahmen einer Galerie oder museal ausstellbar ist, schafft Urban Art den Konnex zu solchen Institutionen. Urban Art ist kontextuell dem Städtischen verpflichtet und zeigt ausgeprägte Bezüge zur Street Art, sei es durch verwendete Materialien, Inhalte oder Motivik. Unmittelbar und spontan, politisch sauber und dennoch provokant lässt sie das delinquente Aroma der subkulturellen Street Art mitschwingen und erzeugt in ihrer Überführung in den „White Cube“ der Galerie eine Reibungsfläche, die herkömmliche Galeriekunst nicht aufweist. Sarah Musser ist es durchaus gelungen diese Spannung in „ESCAPE 2010“ zu transportieren. In signifikanten Bildern und unterschiedlichen Positionen werden wesentliche Phänomene der Urban Art deutlich: Stefan Strumbel verarbeitet gängige Motive aus der subkulturellen Szene in glatten, poppigen Objekten und Installationen, die er dem bürgerlichen Milieu entlehnt und so den Heimatbegriff persifliert bzw. pervertiert. Paul Busk verweist mit Ideogrammen und Schriftzeichen auf Graffiti Writings. Christian Eisenberger verwendet Materialien des Alltags, wie Karton und Klebeband um sie wieder in die Öffentlichkeit zu tragen und diese mit rätselhaften Referenzen auf Politik und Gesellschaft zu konfrontieren. Der anonym tätige Street Artist XOOOOX bringt sein Leitmotiv des stereotypen Fotomodels auf Häuserwänden wie auf allerart vorgefundenen Materialen wirkungsvoll wie ästhetisch zu Geltung. Markus Oberndorfer gelingt es in seinen Fotofilmen den Entstehungsprozess von Graffitis in seiner Dynamik wie mystischen Atmosphäre zu dokumentieren und als Bewegtbild in komplexer künstlerischer Qualität zu vergegenwärtigen. „ESCAPE 2010“ ist unter anderem eine Verkaufsausstellung. Auch unter diesem Aspekt hat Sarah Musser die Schau der Kunsthalle mit einer aktuellen Komponente komplettiert. Doch genau dieses Moment verstärkt die Diskrepanz, die ebenfalls mit „Escape the Golden Cage“ vermittelt wird: Die Diskrepanz, die darin liegt, dass sich der Kunstmarkt unter dem Titel Urban Art das besondere Flair von Street Art zu Nutze und so manchen Street Artist aus seinem verborgenen Dunkel geholt und zum Star gemacht hat. Denn auch wenn Street Art und Urban Art so zu größerer Akzeptanz und Wertschätzung gelangen, die ihnen zweifellos gebührt, bleibt doch die Frage, ob sich diese Entwicklung als wirklich progressiv erweist. Ist Street Art, sobald sie als wertvoller künstlerischer Beitrag im urbanen Geflecht ihren anerkannten Platz gefunden hat, nicht eines essentiellen Teils ihres enigmatischen Wesens beraubt? Oder: Urban Art ist verfügbar gewordene Street Art – will die das denn?
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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ESCAPE 2010 - Escape the Golden Cage - Urban Art
02 - 24.10.2010

expositur
1030 Wien, Vordere Zollamtstraße 3
Email: press@escape2010.at
http://www.escape2010.at


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