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Timm Ulrichs. Blick zurück nach vorn : Erster sein

Zwei Seelen würden in seiner Brust wohnen, meint Timm Ulrichs, eine dadaistische und eine kunstruktivistische. Aber ach, möchte man fragen, nur zwei? Selten ein Künstler verfügt über solch ein heterogenes Werk, wie bei kaum einem anderen Künstler überlegt man sich so oft, warum da nicht bereits früher einer diesen Einfall hatte. Ulrichs selbt fasst es seit 1959 schlicht unter dem Begriff „Totalkünstler“ zusammen. 1966 saß er als „Timm Ulrichs, Das erste lebende Kunstwerk“ in der Frankfurter Galerie Patio in einer Vitrine, zwei Jahre später dokumentierte er in acht Teilen „timm ulrichs ein bild herstellend und ausstellend“. Seinen siebzigsten Geburtstag begeht er nun mit einer Ausstellung im Museum Ritter, diesem wunderbaren Haus im schwäbischen Waldenbuch, das die Kollektion Marli-Hoppe-Ritter beherbergt. Sammlungsschwerpunkt bildet, entsprechend dem Format der Schokoladentafeln, mit denen die Familie zu ihren finanziellen Mitteln gekommen ist, das Quadrat. Demnach wenig verwunderlich, dass sich die Ausstellung „Blick zurück nach vorn“ eher auf die konstruktivistischen Arbeiten des Jubilars konzentriert. So können sich 64 rote galerienübliche Klebepunkte ganz wunderbar zu einem Quadtat formieren und zu einem verkäuflichen Bild werden, verlässt einer der Punkte die Fläche nach aussen, ist es flugs auch schon ein „Verkauftes Bild“, 1963 entstanden. In vielen Arbeiten erweist sich der Totalkünstler zudem als geistreicher Aleatoriker. Wie sonst käme man auf die Idee, ein Würfelzuckerstück zu einem geometrisch korrekten Würfel zu ergänzen, die Flächen mit jeweils einem Buchstaben des Wortes „Würfel“ zu beschriften oder gar für einen „Glückswürfel“ alle Seiten mit sechs Augen zu versehen. Sechs gravierte Pflastersteine fügen sich mit „casual:causal“ zu einem aleatorisch-anagrammatischen Text-Objekt. Mit Ulrichs’ vielfach poetisch-buchstäblichem Wortwitz wird dennoch nicht gespart. Den „Himmel auf Erden“ versprechen zwei Leiterwagen, deren Böden mit Spiegel ausgekleidet sind, ein Ventilator bewegt die zu Schwingen zugeschnittenen Seiten der „geflügelten Worte“ von Georg Büchmann und für „Ich: im Rahmen“ wurde das Profil des Meisters zu einer Rahmenleiste gefräst. „Betreten der Ausstellung verboten“, wie sonst als Schild vor Baustelleneinfahrten, klebt man sich im Kleinformat als Eintrittskarte aufs Revers. Das ignorieren wir lieber einmal.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Timm Ulrichs. Blick zurück nach vorn
09.05 - 19.09.2010

Museum Ritter
71111 Waldenbuch, Alfred-Ritter-Straße 27
Tel: +49(0)7157.53511-0, Fax: +49(0)7157.53511-90
Email: besucherservice@museum-ritter.de
http://www.museum-ritter.de
Öffnungszeiten: Di - So 11.00 - 18.00


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