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Sammler 2

Fortsetzung vom letzten Mal. Passagen aus einem Gesrpäch mit Ernst Ploil. Wenn Sie etwas dann glücklich ergattert haben: Reicht es Ihnen, es zu besitzen oder wollen Sie es herzeigen? Denn wenn es Trophäen sind, müssten Sie sie eigentlich präsentieren. Lassen Sie mich etwas ausholen. Ich merke nämlich ein gewisses Ost-West-Gefälle, wobei ich die Sammler jenseits des Atlantiks dazurechne. Sicher haben manche Leute sowieso ein Bedürfnis nach ostentativem Besitz, und manche haben dieses Bedürfnis nicht. Doch jeder wird stolz sein auf das Erworbene: Schaut her, ich habe gegen einen anderen gesiegt, schaut her, ich kann mir das leisten, schaut her, ich habe soviel Geschmack. Insgeheim, so denke ich, wird wohl jeder seine Sammlung gerne herzeigen. Andererseits herrscht aber eine Angst davor, und diese Angst nimmt europaweit gesehen nach Osten hin zu. Die Angst betrifft zum einen die Steuer, eine Angst, die etwa in Österreich grundlos ist, da seit langem die Vermögenssteuer abgeschafft ist. Angst herrscht zum zweiten davor, Opfer von Delikten zu werden, was natürlich völlig berechtigt erscheint. Wenn man aber bedenkt, wieviele, das heißt wie wenig Delikte an Kunstobjekten begangen werden, weil sie sich einfach nicht als Hehlerware eignen, ist diese Angst dann ebensowenig berechtigt. Die dritte Form von Angst schließlich besteht im Neid der anderen. Als ich meine Kanzlei einrichtete, hat mancher gesagt, na, jetzt weiß ich, wo die Honorare, die ich bezahle, hinfließen. Es gibt auch Klienten, die sagen, ich bin stolz auf meinen Anwalt, dass er sich so etwas leistet, und es zeigt ja nur, dass er gut ist. Jedenfalls nimmt dieses Neidprofil gegen Osten hin zu. Speziell in den USA wird der Stolz der Leute auf das, was sie haben, offensiv gezeigt. Da ist einer stolz, wenn er für ein Bild, das bisher 10 Millionen kostete, nun 17 Millionen gezahlt hat. Da gibt es keine Angst, für verrückt gehalten zu werden, sondern die Demonstration dessen, was man sich leisten kann. Ernst Ploil Auch Sie lassen bei den Leihgaben, die Sie in Museen oder Ausstellungen zeigen, den Vermerk „Sammlung Ploil“ anbringen. „Privatsammlung Wien“ würde auch genügen. Was hat Sie bewogen, sich trotz aller Neidgefühle namentlich zu Ihrem Besitz zu bekennen? Ich habe mir das lange überlegt. Ursprünglich war mein Beweggrund ein rein steuerrechtlicher. Die Vermögenssteuer konnte reduziert werden, wenn man Vermögenswerte zu Ausbildungszwecken zur Verfügung stellte. Heute gibt es diese Steuer nicht mehr. Seither bin ich einfach stolz auf die Dinge, und dass es Menschen gibt, die mich beneiden, nehme ich in Kauf. Ich arbeite so unendlich viel, dass ich zurecht zu einigem Geld gekommen bin und mir einige Dinge geleistet habe. Die Kunst ist Teil meiner selbst. Ich mag daher nicht verstecken, dass sie mir gehört. Und Angst, dass sie mir einer nehmen will, habe ich auch keine. Ist Stolz demnach das richtige Wort für das Gefühl, das Sie Ihrer Sammlung entgegenbringen? Ganz und gar. Stolz. Es gibt, denke ich, zwei Möglichkeiten, sich in seinem Bieterverhalten zu positionieren. Entweder man richtet sein Augenmerk auf die Stücke, die auch die anderen haben wollen; man will also das gleiche. Oder man sucht Nischen, entdeckt die Differenzen und strebt nach etwas ganz anderem. Wo sehen Sie sich in dieser Alternative? Wollen Sie das gleiche oder das andere? Gerade im Sinn des vorher erwähnten Ost-West-Gefälles sind es speziell die Amerikaner, die jeweils das gleiche wollen. Da treffen sich die Repräsentanten der ganz Reichen im Auktionssaal und spielen das Spiel des Wer-übertrifft-den-anderen-im-Zahlenkönnen-des-höchsten-Preises. Dort wird ein Match ausgetragen, jeder will das gleiche und will gewinnen. Für mich ist das aber kein Kriterium. Ich suche nur das aus, von dem ich glaube, dass es für mich und meine Sammlung wichtig ist. Ich habe also primär das Bedürfnis, mein Bedürfnis zu stillen. So ist es mir egal, ob ich einen Mitbewerber habe oder zwanzig. Am liebsten hätte ich überhaupt keinen Mitbewerber. Denn natürlich gehört das auch zum Mechanismus: Ich will mir einreden, ich wäre so klug und würde Dinge kennen und schätzen, von denen nur ich etwas verstehe. Die anderen, so hätte ich es gern, wissen ja nicht, was wirklich wichtig ist. Die Frage nach etwas anderem oder etwas gleichem muss man offenbar umformulieren: Alle glauben, hinter etwas anderem herzusein, um festzustellen, alle sind hinter dem gleichen her. Da sind die Amerikaner ehrlicher. Die sagen, alle wollen den wunderbaren Ad Reinhardt, ich will ihn auch, und ich bezahle mehr als die anderen. Liegt darin ein Reifungsprozess, sich erst einmal der Konkurrenz von allen ausgesetzt zu haben, um später sich auf Dinge zu konzentrieren, die spezialisierter sind, weniger beachtet, sozusagen eine Nische besetzen? Und hat sich dieser Prozess womöglich von selbst ergeben, einfach weil Ihre Sammelpraxis dann stärker darauf ausgerichtet war, Lücken zu füllen und Ensembles zu bilden? Die Beweggründe des Sammelns bleiben immer die gleichen. Ich habe immer gewusst, wenn ich etwas haben will, muss ich den anderen übertreffen, koste es, was es wolle. Manchmal wurden die Angebote anderer so verrückt, dass ich es aufgegeben habe, mitzusteigern. Kaum war das Bietgefecht vorbei, dachte ich mir, so ein Glück, dass ich rechtzeitig ausgestiegen bin. Aber ich habe mich immer auch geärgert, dass ich es nicht bekommen habe. Und so geht es sicher allen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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