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The Essence 10. Jahresausstellung der Angewandten: Raumsprengend

Diesmal präsentiert die Angewandte ihre jährliche „Essence“ im Erdgeschoss des Wiener Künstlerhauses. Bis 18. Juli wird der Querschnitt über das Schaffen im vergangenen Studienjahr mit Diplom- und anderen ausgewählten Arbeiten vorgestellt. Das Spannende daran ist, dass das Ausgestellte noch unbelastet von den Mechanismen und Strategien des Kunstmarkts ist, die jungen KünstlerInnen (noch) experimentell und idealistisch arbeiten. Spektakulär war die Begrüßung der Besucher zur Eröffnung durch eine Schar metallener Spinnen, die sich vor dem Haus lärmend in Bewegung setzten, sobald sich ihnen jemand näherte - eine computergesteuerte, interaktive Installation von Thomas Frierss, Diplomand der Digitalen Kunst. Wie vielfältig, innovativ und auch ästhetisch diese Kunstrichtung sein kann, zeigt sich an weiteren bemerkenswerten Arbeiten: Peter Tilg lässt die Metallbänder seiner Klangskulptur nach algorithmischen Codes schwingen und tönen. Andreas Haider reflektiert über Fragen der Identität und Austauschbarkeit indem er den Schatten von Passanten in ihrer gegenwärtigen Bewegung gegen einen zuvor eingespeicherten auswechselt. Ein vielgestaltiges Bild zeigt die Abteilung für Fotografie. Das Medium wird in klassischer Manier wie in poetischen Videoarbeiten ausdrucksvoll und überzeugend genutzt. Aktuelle Problematik, wie etwa Kritik an der katholischen Kirche wird visuell zur Sprache gebracht und elementares Potential wie Bewegung, Rhythmus und Ton thematisiert. Die Fotografien von Paul Schneggenburger, in einer Langzeitbelichtung von 6 Stunden aufgenommen, zeigen die Bewegung von Schlafenden. In stiller Unmittelbarkeit immersiv und beeindruckend, wird die Konnotation mit Verinnerlichung und ursprünglichem Einklang evoziert. Im selben Raum gibt Jasmin Schaitl, Absolventin der Abteilung Textiles Gestalten, zur gegebenen Stunde unter dem vieldeutigen Titel „Just frame me – impersonate the order“ eine sehenswerte Performance. In einem dialektischen Spiel mit verschiedenen Realitätsgraden bekleidet und entkleidet sie sich selbst, sowie in der Projektion ihrer selbst. Zentrales Medium ist ein Torso, Abguss ihres Körpers, der den Mittelpunkt der Aktion darstellt. Schaitl entwickelt ein Spannungsverhältnis zwischen Subjekt und Objekt, Fremd- und Selbstreflektion. Die Frau an sich wird in Szene (d.h. in den Rahmen) gesetzt, mutig in ihrer Verletzlichkeit, nackt und daher auch ohne akustische Untermalung. Die Abteilung für Design hat jedes Jahr interessante Projekte vorzustellen, diesmal unter den thematischen Prämissen von Green Design und Social Impact. Im Teamwork wurden u.a. ein multifunktioneller Kofferkuli, ein intelligenter Agrarroboter, ein Babyfon zur Prävention des plötzlichen Kindstods, Software für Alzheimer Kranke oder eine „coole“ Armprothese gestaltet. Äußerst professionell präsentiert sich das Institut für Architektur. Sowohl das Programm der einzelnen Institute, als auch die StudentInnen und ihre Arbeiten werden in ihrer Individualität und doch in einem umfassenden, kompakten und homogenen Gesamtbild dargeboten. Bezeichnender Weise bieten sich gerade die Leistungen der angewandten künstlerischen Disziplinen auf der Essence als beachtliche Stärken dar, wogegen die klassischen Sparten wie Grafik, Malerei und Bildhauerei kaum konkurrieren können. Doch mag dieser Eindruck auch aufgrund des Ausstellungsortes und der Auswahl oder Kuratierung entstehen. Der an sich großzügige Hauptraum des Künstlerhauses entbehrt einer maßgebenden Strukturierung und gibt ein uneinheitliches, zerstreutes Gesamtbild. Dagegen leidet die Digitale Kunst wie üblich an Platzmangel um ihre Arbeiten wirkungsvoll entfalten zu können und die Abteilung für Fotografie ist gezwungen mit Extrakten ersatzweise auf die tatsächlichen Werke zu verweisen. Um das ansehnliche Spektrum der Angewandten adäquat präsentieren zu können wären weniger einschränkende Räumlichkeiten wohl angebracht.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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The Essence 10. Jahresausstellung der Angewandten
24.06 - 18.07.2010

Künstlerhaus Wien
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43 1 587 96 63
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi + Fr 10-22 h


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