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Karin Kneffel 1990-2010: Denksport auf Leinwand

Die Augen konnten einen übergehen, damals Mitter der Neuziger Jahre, ob der dargebrachten großformatigen Opulenz. Knackig baumelten Kirschen von den Zweigen, samtig leuchteten Pfirsiche, später wollte man nach Pflaumen, Äpfeln oder Trauben greifen. Davor waren es kleine quadratische Tierportraits gewesen, physiognomische Studien nachgerade, Wand füllend die tierische Belegschaft ganzer Bauernhöfe. Es gab Gruppen von Fernblicken verschneiter Berggipfel und Nahsichten lodernden Feuers, irgendwann später kamen Fußböden mit und ohne Auslegeware hinzu und spätestens da hätte man meinen können, die Themen von Karin Kneffels Malerei wären etwas platt geworden.

Nun zeigt die Kunsthalle Tübingen mit Arbeiten von 1990 bis 2010 gleichsam als erste Zwischenbilanz eine Werkschau der in Düsseldorf lebenden und an der Münchner Akademie lehrenden Künstlerin und platt ist man in diesem Falle selbst. Hätte man sich nicht spätestens bei den Leinwänden mit Flammen, Glut und Rauchschwaden denken können, dass sich die Künstlerin den wirklich großen Herausforderungen der Malerei stellt? Dass es vielleicht doch um mehr geht als alleine um die Fähigkeit Stofflichkeit virtuos zu differenzieren? In einem Interview im begleitenden Katalog (Hatje Cantz) meint die ehemalige Meisterschülerin von Gerhard Richter: „Nein, ich habe keinen Zweifel an der Sinnlichkeit, an der Realität der sinnlichen Erscheinung. Ich schaffe Bildräume. In ihnen muss ich alles lösen. Es geht immer um die inhärente Distanz zur Realität. Ich will Wirklichkeit darstellen, in der künstlerischen Darstellung distanzieren und damit dann letztendlich transformieren. Alles muss im Bild plausibel sein.“ Eben diese Plausibilität ist es dann, die der Wahrnehmung immer wieder Stolpersteine in den Weg legt. Der freie Blick auf ein kunstsinniges Interieur wird gestört von den Wassertropfen auf einer Glasscheibe und werden zu abstrakten Flecken auf dem realistischen Gemälde, das Spiegelbild eines Dalmatiners am blanken Boden blickt wachsam aus der Leinwand, während das Tier selbst ganz entspannt am Boden fletzt. Unter all den meist menschenleeren Arbeiten mit Spiegelungen, Schatten oder Draperien oder Brechungen sticht eine kleine achtteilige Arbeit aus dem Jahr 2005 ins Auge. Vielleicht entspricht die Darstellung den Homo sapiens nicht so ganz der gewohnten maltechnischen Qualität der Künstlerin, doch das Kommen und Gehen, der im Wasser watenden Personen fügt sich ganz wunderbar zu einer Art Loop auf Leinwand. Alleine schon deshalb lohnt sich ein anderer Blick auf den Rest des möglicherweise doch nicht ganz so platten-plank polierten Œuvres.

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Karin Kneffel 1990-2010
01.05 - 11.07.2010

Kunsthalle Tübingen
72076 Tübingen, Philosophenweg 76
Tel: +49 (0)7071 / 96 910, Fax: +49 (0)7071 / 96 91 33
Email: kunsthalle@tuebingen.de
http://www.kunsthalle-tuebingen.de/
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr-So 11-18, Do 11-19 h


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