Werbung
,

Vermessungen filmischer Randzonen

Wenngleich die Popularität und Präsenz von Dokumentar-, Kurz- und experimentellen Filmen in letzter Zeit deutlich zugenommen hat, so zwingt sie der Vergleich mit dem Spielfilm dennoch zweifellos in eine Nischenexistenz. Das gilt auch für das österreichische Filmschaffen, das freilich nicht erst mit den drei Oscarnominierungen (für Christoph Waltz, Michael Haneke sowie dessen Kameramann Christian Berger) auch international von sich Reden macht; vielmehr genießt die hiesige Filmproduktion gerade in Connaisseurkreisen schon länger rege Aufmerksamkeit, und trotzdem bleiben diese Arbeiten einem breiteren Publikum – abgesehen von Festivals oder Sonderprogrammen – häufig verborgen. Schon aus diesem Grund muss man eine Kompilation wie „VISIONary“ begrüßen, wie sie nun zusammengestellt wurde von dem Filmwissenschaftler und -publizisten Michael Loebenstein und Norbert Pfaffenbichler, der sowohl als Künstler und Filmemacher als auch als Kurator tätig ist (jüngst etwa zeichnete er mitverantwortlich für die Ausstellung „Cineplex“ in der Wiener Secession). Einige der dort gezeigten Arbeiten finden sich auch auf der DVD, etwa Lotte Schreibers in ihrer formalistischen Strenge betörende Stadt-/Architekturvermessung „Borgate“, die das desolate Ergebnis eines modernistisch-sozialutopisch konzipierten Wohnbauprojektes im Süden Roms in atmosphärisch dichten Impressionen einfängt. In „Minot, North Dakota“ von Angelika Brudniak und Cynthia Madansky werden die ohnehin schon trostlos wirkenden (und auch dementsprechend in Szene gesetzten) besagten Landstriche durch die Kommentare aus dem Off noch beklemmender: Sie handeln von einem wenig abwechslungsreichen Leben in einer Stadt, die primär von dem Stützpunkt der Air Force sowie beträchtlichen Depots nuklearer Waffen geprägt ist. Die nach dokumentarischen und experimentellen Schwerpunkten gruppierten Beiträge fanden freilich auch in heimischen Gefilden ihre Settings. Josef Dabernig und Isabella Hollauf etwa lassen in „Aquarena“ die österreichische Provinz zu einer Folie werden für Überlegungen zu öffentlichem Raum und der Rolle des Wassers dabei – unterlegt sind diese Denkbilder mit einer durchaus humorvollen Collage aus Geplätscher, Violoncelloklängen und Textpassagen aus einer Gewässerverordnung. Das Künstlerinnenduo Klub 2 beschäftigt sich mit einem Kapitel österreichischer Publikationsgeschichte, das allerdings weitgehend im Exil geschrieben wurde: Der renommierte Kunstverlag Phaidon musste bald nach seiner Gründung 1923 nach London emigrieren, wo er bis heute seinen Sitz hält. Im Gegensatz zu dieser primär auf Interviews aufbauenden Arbeit finden sich auch eine Reihe stark formalistisch geprägter Ansätze – doch unabhängig vom Genre und egal, ob es sich nun um betörende Zeitrafferbilder des Dachsteins (Elke Groen) oder um eine in ruhigen Einstellungen gefilmte Schiffsexpedition auf dem Baikalsee (Ivette Löcker) handelt, da wie dort können sich Abenteuer abspielen.
Mehr Texte von Naoko Kaltschmidt

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: