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Giacometti stahl Klimt die Show

Um 19.24 Londoner Lokalzeit (20.24) war die Sensation perfekt und die Chronik der Kunstgeschichte hatte Dank Sotheby’s einen neuen Weltrekord: Zehn Telefonbieter trieben die Gebote für Alberto Giacomettis aus der Sammlung der Commerz Bank (vormals Dresdner Bank) stammenden „L’Homme qui marche“ weit über die angesetzte Taxe von 12 bis 18 Millionen Pfund auf schier unglaubliche 58 Millionen Pfund. Inklusive Aufgeld bewilligte ein anonymer Sammler für die noch zu Lebzeiten des Künstlers gegossene 1,83 cm hohe Bronze mit 65 Millionen Pfund (74,18 Mio Euro / 104,32 Mio Dollar) den bislang höchsten Preis für ein Kunstwerk überhaupt. Womit nicht nur der bisherige Giacometti-Rekord bei weitem übertroffen werden konnte (Christie’s New York, Mai 2008, 13,94 Mio Pfund), sondern Sotheby’s auch den hausinterne Picasso-Hürde (2004: Garcon à la pipe, 104,16 Mio Dollar) und trotz deutlich schwächeren Dollar-Kurses übertrumpfen konnte. Selbst die obligaten internen Wetten unter den Sotheby’s Mitarbeitern waren weit unter diesem Preis gelegen. Für Gustav Klimts fünf Lots später aufgerufenes „Kirche in Cassone“ hatte man allerhöchstens 30 Millionen Dollar kalkuliert und lag auch damit (43,2 Mio Dollar) weit ab vom Schuss. Als Auktionator Henry Whyndham bei netto 24 Millionen Pfund (Taxe 12-18 Mio) zugunsten eines anonymen Telefonbieters sein Gavel auf das Auktionspult drosch blieb Georges Jorisch` Miene stoisch. Der Enkel Amalie Redlichs (geborene Zuckerkandl) war in Begleitung einer seiner Töchter und Schwiegersohn aus Kanada angereist und hatte das Klimt’sche Gardasee-Motiv montagnachmittags das erste Mal seit sieben Jahrzehnten wieder in Natura bewundern können. 1939 hatte seine Großmutter Amalie Redlich (geborene Zuckerkandl) ihre Kunstsammlung bei einer Wiener Spedition eingelagert, um sie so vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu schützen. 1947 fand ihr Schwiegersohn dort nur mehr leere Kisten vor. Die Kunstwerke blieben verschollen. 1962 tauchte „Kirche in Cassone“ im Zuge einer Ausstellung in Graz auf, ein letztes Mal war das 1913 gemalte Gardasee-Motiv 2003 im Belvedere („Gustav Klimt – Landschaften“) zu sehen. Beide Male als Leihgabe aus österreichischem Privatbesitz. Im Herbst vergangenen Jahres kam es abseits der Öffentlichkeit und des nicht anwendbaren Kunstrückgabegesetzes zu einer Einigung zwischen dem derzeitigen Besitzer und Jorisch. Wie der Erlös zwischen ihm und dem vormaligen Besitzer aufgeteilt wird, bleibt vertraulich. Der neue Eigentümer muss in den nächsten Tagen jedenfalls 26,92 Millionen Pfund oder 30,72 Millionen Euro überweisen – den höchsten Betrag, den ein Landschaftsmotiv von Gustav Klimt jemals erzielte. Am Ende der Auktion durfte sich Sotheby’s nach 31 Besitzerwechseln einen Umsatz von insgesamt 146,82 Millionen Pfund (167,57 Mio Euro) in die Bücher notieren – die Konkurrenz hatte am Abend zuvor 69 Kunstwerke zum Gegenwert von 76,83 Millionen Pfund (87,66 Mio Euro) verkauft. www.sothebys.com
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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1 Posting in diesem Forum
inspiring... very inspiring!
ana_b_ambrosio | 13.03.2010 05:59 | antworten
this_is_a_very_exiting_article! it's_very_inspiring_and_fascinating_what_human_art_can_look_like. thank_you_very_much!

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