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Prinz Eugen - Feldherr, Philosoph und Kunstfreund: Des Prinzen glorreiche Rückkehr ins Belvedere

Zweihundertneunzig Jahre nach dem Baubeginn des Oberen Belvedere kehrt Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736) an den vielleicht wichtigsten Ort seines Wirkens zurück und erfährt dort eine postume Huldigung. Doch wie kann eine Ausstellung überhaupt dem vielfältigen Schaffen dieses kleinwüchsigen kriegsglückhaften Hasardeurs und "Roi des honnêtes hommes", diesem manischen Sammler und visionären Kontrollfreak, dessen Interesse gleichermaßen tripolitanischen Schafen, Gottfried Wilhelm Leibniz und neuartigen Steinschlossgewehren galt, gerecht werden? Allein die Bibliotheca Eugeniana umfasste rund 15.000 Bände, hinzu kamen 178 Gemälde, unzählige Graphiken, mobile und immobile Kulturgüter; größtenteils in den Sammlungen des Belvedere, der Albertina, des Kunsthistorischen Museums und der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt. Vielleicht kann das Unterfangen der Ausstellung eines Nationalhelden am ehesten nur durch den Blick eines Außenstehenden geschehen. Marie-Louise von Plessen, Ausstellungsmacherin mit einer großen Leidenschaft für kulturhistorische Themen, wagte sich an Prinz Eugen und überzeugt im Unteren Belvedere mit einer beeindruckenden Schau. Die Ausstellung enthält sechs Themenräume. Vier hiervon, die von der Herkunft des Prinzen über seine Tätigkeit als Bauherr im Feld hin zum Sammler und Mäzen bis zum Tod führen, sind linear im Unteren Belvedere angeordnet. Mit den Autographen oder den feinen Belvedere-Radierungen des Salomon Kleiner durchziehen mehrere Leitfäden die Räume. Die Zitate besitzen teilweise eine erfrischende Zeitlosigkeit, wie das Folgende, welches Prinz Eugen zum Kriegsentscheid 1701 verfasste: "Soll man Mailand und Brüssel ohne Schwertstreich an Frankreich überlassen? Dann mag Deutschland sich unter die französische Oberhoheit beugen, denn etwas Schlimmeres kann auch der übelste Krieg nicht bringen? Angenehm zurückhaltend ist Peter Baldingers Gestaltung, welche den unterschiedlichen Artefakten Raum und Luft gibt. Von Plessen und Baldinger arrangieren die Gemälde mal in St. Petersburger Hängung, ein anderes Mal linear bündig auf Oberkante, dann wiederum wird ein einzelnes Objekt besonders herausgehoben. Es kommt mitunter zu feinen Brüchen, wie beispielsweise die Aufstellung der 230 cm hohen marmornen Apotheose des Prinzen in einem Durchgangsbereich oder das Zusammentreffen zweier Federzeichnungen. Oberhalb von Cornelis Troost, der den Prinzen im Etablissement der Madame Traese, einem Amsterdamer Bordell, zeigt, findet sich die Zeichnung von Pieter von den Berge, welche den Prinzen als Connaisseur beim Kunsthändler Zomer in Amsterdam präsentiert. Eindrücklich auch die Wachsbüste der Alleinerbin, Prinzessin Viktoria von Savoyen, die binnen kürzester Zeit die angesammelten Reichtümer ihres Onkels in klingende Münzen verwandelte. Die Räumlichkeiten der Orangerie halten den zweiten Teil der Ausstellung bereit und trumpfen direkt mit einer Rekonstruktion des legendären Bilder-Zimmers auf; hierbei werden einige der Originalgemälde – zumeist Leihgaben aus der Turiner Galleria Sabauda – quasi in die von Salomon Kleiners gezeichnete und von Johann Jacob Graessmann gestochene Vorlage hineingehängt. Nebenan einige Prunkstücke aus der Bibliotheca Eugeniana. Nachbarschaftlich vereint findet sich Giovanni Boccaccios Decameron zwischen dem Meisterwerk einer hochgotischen Bible Moralisée und den in der Legenda Aurea gesammelten Heiligenviten des Jacobus de Voragine. Auch hier bestätigt sich wiederum der Eindruck, dass von Plessen gekonnt aus der Fülle der gesammelten Objekte Hochkarätiges ausgewählt und in einen fruchtbaren Gedankenaustausch treten lässt. Vieles erschließt sich erst durch den vorbildhaften Katalog und das kleine Reclamheftartige Kommentarbüchlein. Es ist diese beruhigende und dennoch anregende Melange unterschiedlicher Inszenierungen – quasi wie aus einem museologischen Lehrbuch –, welche den 280 ausgestellten Objekten ihren kraftvollen Auftritt verleiht und nicht zuletzt dank der umsichtigen Direktion eine Ausstellung schafft, die so nur an diesem besonderen Ort des Belvedere hat stattfinden können.
Mehr Texte von Harald Krämer

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Prinz Eugen - Feldherr, Philosoph und Kunstfreund
11.02 - 06.06.2010

Unteres Belvedere
1030 Wien, Rennweg 6
Tel: +43 1 795 57-200, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr


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