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Punktuelle Einblicke. Verdienen im Museum

Glenn D. Lowry, Direktor des MOMA, hat mir – wie wahrscheinlich zehntausenden anderen – am 30. Dezember ein Mail mit Glückwünschen für 2010 geschickt. Er hat damit einen Teil seines Jahreseinkommens von ca. 1,7 Millionen Dollar verdient, das sich nach Bloomberg-Berichten im Jahr 2007 aus einem Gehalt von 928.818 Dollar, 455.581 Dollar als Benefits (Versicherung etc.) und 336.000 Dollar als Gegenwert für die Nutzung einer Dienstwohnung im Museum-Tower an der 53rd Street. zusammensetzte. Die „Causeries du Lundi” sind in ihrem Bestreben zur Darstellung gesellschaftlicher Kräfte nach der Politik und dem Recht bei der Ökonomie gelandet und wir geben dem Primat des Ökonomischen und der Forderung nach aktuellem Bezug nach, wenn wir uns diesmal auf wenige – öffentliche – Quellen und die Einkommen in Museen beschränken. Nun stellt die Frage nach dem Einkommen zwar nicht mehr jenes Tabu dar, als in jener Zeit, als es in Österreich beinahe leichter war Auskünfte über das Sexualverhalten zu bekommen, als über die jeweiligen finanziellen Umstände, dennoch liegen Einkommen und Honorare im Kunstbetrieb selten offen zu Tage. Punktuelle Einblicke gewährt dabei die von Thomas Trenkler – dem lonely wolf der österreichischen Kulturpolitikanalyse – im Jahresrhythmus im Wiener „Standard” publizierte Liste der Jahresgehälter leitender ExponentInnen des österreichischen Kulturgeschehens, deren Veröffentlichung in der Szene jedoch eher von nacheilendem Geraune als von analytischem Diskurs begleitet wird. Nun ist der Verfasser – Achtung: jetzt kommt der Diskursanreißersatz! – tendenziell für hohe Leitungsgehälter: Sie können die Bedeutung eines Sektors unterstreichen, und damit ökonomisch untermauern, dass unser Betrieb nicht – wie der schöne Wiener Ausdruck sagt – „auf der Nudelsuppe daher geschwommen ist”. Sie könnten daher den damit bezahlten LeiterInnen dabei helfen für höchstes Niveau und eine ordentliche Ausstattung ihrer Institute zu sorgen. Wenn also die Direktorin des Belvedere lt. Der Standard im Jahr 2008 Euro 231.600 brutto verdient, sollte weiterhin nicht das sondern der Gehalt ihrer Arbeit im Mittelpunkt des Interesses stehen. Für die monetäre Vergleichbarkeit sorgt dabei angelsächsische Transparenzkultur, die unter anderem darin besteht, auf der Website der Tate-Gallery jede Menge Governance-Dokumente zu finden, darunter auch jenen „Remuneration-Report” in dem das Jahresgehalt von Sir Nicolas Serota im Finanzjahr 2008/09 mit 172.919 Pfund vermerkt ist. Der Kultur der sogenannten „Compensation Disclosure” verdanken wir auch die penibel genaue Auflistung des Gesamtbezugs von 929.075 Dollar (darin enthalten 279,539 Dollar „Housing Allowance”) für Michael Brand, den soeben zurück getretenen Direktor des Getty Museum in Los Angeles. Weder Rücktritte noch „Compensation Disclosure” gibt es bei der Stadt Wien, was es umso bemerkenswerter macht, dass die Website der Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen in der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten den Kollektivertrag des Wien Museum zum Download bereithält. Dieser ermöglicht einen der raren Einblicke in die Gehaltspyramide einer Kulturinstitution. Als schlechtest bezahlte Stufe sind 1.308 Euro brutto monatlich für „Dienste ohne Berufsausbildung” vorgesehen (AufseherInnen, Reinigungskräfte, Büroboten); die KuratorInnen finden sich ab Verwendungsstufe 4, mit Einstufungen von 1984 Euro brutto bis 3858 Euro brutto und für „Dienste mit Leitungsfunktion” gilt als höchste Stufe 5070 Euro brutto. Gerade in den mittleren Bereichen könnte das Dokument mit seiner doch recht „flachen” Pyramide (1 zu 3,66 zwischen niedrigster und höchster Stufe) Basis für eine fundiertere Diskussion von Gehältern und Honoraren im Kulturbereich sein, scheint sich doch eine gewisse Transparenz mittlerweile eher im Spitzenbereich durchzusetzen, oder dort, wo die Bezahlung der prekärsten Gruppen zur öffentlichen Angelegenheit wird, wie z.B. in der Auseinandersetzung um die „Vigilanten” des Joanneum, die im Jahr 2007 zu einer Erhöhung der Stundensätze von 5,20 Euro auf 7,60 Euro führte. Andere Auseinandersetzungen – nämlich jene um den Salieradiebstahl führten zur Thematisierung der Arbeitsbedingungen des Aufsichtspersonal im Kunsthistorischen Museum und damals unter anderen zu einer Presseaussendung in der die Stundensätze für die geringfügig beschäftigten AufseherInnen mit 6,55 Euro im Jahr 2006 geoutet wurden. Das von der KHM-Pressestelle damals unter anderem vorgebrachte Argument, dass „die Nachfrage für diese Stellen größer sei als das Angebot”, führt uns zurück zu den Leitungsgehältern, die dann – angesichts zahlreicher kolportierter InteressentInnen für diese Positionen – wohl drastisch verfallen müssten....
Mehr Texte von Martin Fritz

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2 Postings in diesem Forum
GEHALT
Thomas Trenkler | 12.01.2010 09:43 | antworten
Ich bin zerknirscht wegen des Der-das-Gehalt-Fehlers! Und gelobe Besserung. Der einsame Wolf
magic bullet
magic bullet | 14.08.2011 11:44 | antworten
Kulturgeschehens, deren Veröffentlichung in der Szene jedoch eher von nacheilendem Geraune als von analytischem Diskurs begleitet wird.

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