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EAT ART - Vom Essen in der Kunst: Roh, gekocht und halb verdaut

Essen, zumindest als Thema, geht immer. Ob nun die elend langweiligen Kochsendungen oder mehr und mehr verzichtbare Bücher aus diesem Sektor, ein Ende dieses Trends scheint bislang nicht in Sicht und spätestens seit Ferran Adrias Teilnahme an Roger Buergels documenta 12 wurde das Thema wieder im Kunstbetrieb salon- und feuilletonfähig. Dementsprechend gab es in den letzten Jahren auch zunehmend Ausstellungen, die Nahrung, deren Aufnahme und das damit verbundene leibliche (Un-)Wohl umkreisten. Nach der Kunsthalle Düsseldorf und dem Innsbrucker Taxispalais macht die etwas größer angelegte Schau Eating the Universe – Vom Essen in der Kunst nun im Kunstmuseum Stuttgart Station. Daniel Spoerri und Dieter Roth gleichsam als Väter der „Eat Art“ geben in der Ausstellung die Gewährsfiguren ab, auch aus lokalen Gründen bilden sie für die Schau die Basis. Spoerri hatte 1970 in Düsseldorf die „Eat Art Galerie“ gegründet, in folge deren eine Reihe von Arbeiten von Künstlern wie Joseph Beys, Ben Vautier, César, André Thomkins und vielen anderen entstanden sind, ebenso von Dieter Roth, von dem zentrale Werke im Stuttgarter Archiv Sohm versammelt sind. Derlei Historisches ist natürlich gut abgehangen, doch zeigt es auch die dichte Vernetzung der Protagonisten, ihre Lust am Rohstoff und die Mahlzeit als sozio-kulturelles Phänomen. Essen als eine der grundlegensten Kultur, auch heute noch? Folgt man dem titelgebenden universalen Anspruch der Ausstellung wird heute überwiegend der Ausnahmezustand geprobt. Im Großstadtdschungel begleiten wir mit den Schwestern L.A.Raeven eine neurotische Sammlerin, die sich ausschließlich von den Kostproben aus den Lebensmittelabteilungen von Kaufhäusern ernährt, folgen den Spuren von Christian Jankowsky, der sich mit Pfeil und Bogen im Supermarkt durch die Produktpalette jagt, gewinnen bei Arpad Dobriban ethnologische Erkenntnisse über das Haltbarmachen von Sauermilch für unterwegs und nehmen Teil an Christine Bernhards Gastmahl-Archeologien. Bei Thomas Rentmeister versinkt der Einkaufswagen ganz konsumkritisch in einem Berg aus weißem Zucker während Mika Rottenberg - nicht gänzlich frei von Humor - Produktionsbedingungen beäugt. Ob John Bock in seinem slapstickhaften Küchenchaos jemals satt wird? Von Carsten Höller machen sich Nudeln mit Tomatensoße unter dem Titel „Kinderkotze“ an Wand und Boden breit, während Elke Krystufek jenen Vorgang mit ihrem „Vomitting“ Video festhält. Irgendwie wird man den Verdacht nicht los, dass es sich bei der Nahrungsaufnahme, nicht nur bei ihren Resultaten, mittlerweile um eine sehr einsame Tätigkeit handelt. Zu beruhigenden Klängen grundelt man mit einem Fisch einer unter Wasser treibenden Kartoffel hinterher. Außerhalb jener Videoinstallation von Shimabuku ist ein finales Treffen der beiden nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Irgendwann, an Land, in Form von Fish & Chips.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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EAT ART - Vom Essen in der Kunst
18.09.2010 - 09.01.2011

Kunstmuseum Stuttgart
70173 Stuttgart, Kleiner Schlossplatz 1
Tel: +49 (0) 711 – 216 21 88, Fax: +49 (0) 711 – 216 78 20
Email: info@kunstmuseum-stuttgart.de
http://www.kunstmuseum-stuttgart.de
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Fr 10-21 h


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