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Conflicting Tales: Subjektivität: Dezentes Debüt

Bastian, Boros, Burger – was im ersten Moment lediglich klingt wie ein kurzer Auszug aus einem beliebigen deutschen Telefonbuch, ist in Wahrheit jedoch die illustre Liste derjenigen Sammler, die sich jüngst in Berlin eine eigene Dependance gegönnt haben: Heiner Bastian in einem eigens errichteten Chipperfield-Bau gleich neben dem frisch renovierten Neuen Museum, Christian Boros in einem trutzigen Kunst-Bunker samt krönendem Penthouse nahe dem Deutschen Theater und Monique Burger nun in der ehemaligen Niederlassung von Arndt & Partner in der Zimmerstraße. Und dieselbe, durchaus Geschmack verratende Dezenz, die die Schweizerin, ehemalige Headhunterin, aber nun schon seit Jahren einzig noch auf künstlerische Beute aus, bei der Wahl ihrer Berliner Adresse bewiesen hat, scheint sie auch beim Aufbau ihrer mittlerweile über 1000 Werke aller Gattungen umfassenden Kollektion walten haben zu lassen, die eben nicht bloß auf modische und marktgängige Investment-Kunst (diesbezüglich vielleicht einleuchtendstes Beispiel: der fluoreszierende Leiterwagen von Anselm Reyle im ohnehin eher dem Spektakel geweihten Boros-Bunker) setzt, sondern auch leisen oder schwierigen Arbeiten von noch jungen, unbekannten Künstlern einen Platz einzuräumen weiß; eine Dezenz, der aber freilich auch eine unbestreitbare Prätention schwesterlich zur Seite steht, denn bei der Burger Collection scheint man sich zweifelsohne nicht einfach mit der Zurschaustellung der Bestände in einem festen Haus begnügen zu wollen, sondern darüber hinaus von einem gewissen Sendungsbewusstsein erfüllt zu sein, das einerseits ganz praktisch nach geradezu weltweiter Wirkung schielt und andererseits der ästhetischen Theorie diskursiv nachhelfen will: Das hiesige Debüt bildet nämlich nur den Auftakt eines vierteiligen Ausstellungsreigens mit den weiteren Stationen Brüssel, Mumbai und Hongkong, der dazu jeweils von einem dichten Veranstaltungskalender mit Vorträgen, Künstler- und Roundtablegesprächen, Symposien etc. begleitet werden wird. Der forcierte intellektuelle Anspruch macht sich zudem bei der Wahl des Mottos geltend, unter das der erste Teil der Tetralogie gestellt ist: Subjektivität. Doch auch wenn sich in Kunstdingen, außer vielleicht in den Augen manch postmoderner Philosophen, so gut wie immer und überall ein involviertes Ich oder Innerliches finden ließe – beim Künstler selbst, beim Rezipienten und sogar beim Kritiker –, der Begriff also zu allgemein für eine reizvolle Zuspitzung gehalten scheint, gelingt es dem Kurator Daniel Kurjakovic durchaus, in den einzelnen Räumen ergiebige Konfrontationen zu inszenieren: sei es, wenn dem vor einer blauen Wand schwebende Werkzyklus „Listening to the Shades“ der pakistanischen Künstlerin (und vormaligen Pathologin) Nalini Malani, der in traumhafter – und damit recht opaker – Weise Mythos und Medizin zu vermählen trachtet, die figurativen oder ebenfalls mit Zeichen spielenden Vasenmalereien des Turner Prize-Trägers Grayson Perry gegenübergestellt werden, sei es, wenn Muntean/Rosenblum gemeinsam mit Collier Schnorr über den Beitrag von Pose und Geste bei der Subjektbildung sinnieren dürfen oder sei es, wenn ein Gemälde von Norbert Bisky, die Grisaille-Malereien von Rafal Bujnowski und die Zeichnungen von Douglas Kolk zusammengespannt werden, um die Fährnisse des (vor allem körperlichen) Heranwachsens vor Augen zu führen. Solcher pubertären Nöte dürfte die Burger Collection selbst – jedenfalls mittlerweile – ziemlich enthoben zu sein. Sie scheint nämlich gut und schön gewachsen – und ihr gesellschaftlicher Einstand ist mit dieser Ausstellung auf jeden Fall gelungen.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Conflicting Tales: Subjektivität
05.09 - 13.12.2009

Burger Collection
10117 Berlin, Zimmerstraße 90/91
www.burgercollection.org


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