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Hausordnung

Der Verfasser dieser Glosse lebt in einer Gegend, in der man es, wie soll ich sagen, mit der Ordnung eher genau nimmt. Das heißt, da, wo ich exakt wohne, geht es eher nonchalant zu, denn aus historischen Gründen möchte man sich im Lande Baden-Württemberg von der einen Landeshälfte absetzen, wenn man zur anderen gehört. Ich habe den Verdacht, dass sie in Baden auch nicht recht viel anders drauf sind als in Württemberg, aber sie wollen es zumindest, und deswegen gibt es hier immerhin keine Kehrwoche und mithin keine malerischen Eingeborenen, die den Samstagmorgen mit einem Besen bevölkern, um die Straße zu reinigen, einen Plausch zu halten und die Leute abzukanzeln, die sich solcher Dienste am Dreck verweigern. Ein anderes Wort für Württemberg ist, grob gesagt, Schwaben. Mein Lieblingsschwabe diesbezüglich war der Punk in Ulm, Irokesenschnitt, Sicherheitsnadelhose, das ganze Repertoire, der seine Bierflasche leerte, laut rülpste, sodann von seiner Parkbank aufstand und das Behältnis beflissen im Mistkübel entsorgte. Auch nicht schlecht der Hausbesitzer, der seinen Vorgarten mit dem Staubsauger behandelte, Pflaster, Steingarten und auf Dreitageslänge getrimmte Rasenfläche inklusive. In Wien ist eine solche Mentalität eher dafür bekannt, dass sie die Dinge durcheinanderbringt. Natürlich gibt es den Hausbesorger nicht nur als Funktion, sondern vordringlich als Typus, und auch hier ist er eine ausnehmend unsympathische Erscheinung. Der Dienst an der Menschheit, den er verrichtet, besteht darin, FPÖ und Konsorten hochzuhalten, Jörg Haider war ja, in Sigrid Löfflers unsterblicher Formulierung, „Hausmaster’s Voice“. Nach dem zweiten Gesetz der Thermodynamik bringt der Versuch, Ordnung zu schaffen ohnedies nur Chaos hervor. Der Entropenkoller ist vorprogrammiert. In Wien wird er verkörpert. Als eine solche entropische Instanz hat sich in den letzten Wochen Wolfgang Waldner bewährt. Dabei hat er nur auf das schlechte Benehmen zeigen wollen, auf die dosen- und dope-vernagelten Gesichter, auf die Windel und die Wickel, die er mit dem Prinzip Mitmensch hat, weil es so oft vorkommt in seinem Museumsquartier. Nichts ist verwirrender als der Erfolg, und wenn Waldner es schon schafft, worauf er unermüdlich hinweist, dass er Wiens Museen zwei Millionen Kunden vor die Haustüre karrt, dann fällt auch die ein oder andere Nebenwirkung an. Konsequenterweise hat Waldner nichts dagegen, dass es bei der potentiellen Energie der Kunstinteressierten bleibt und keine kinetische daraus wird. Vulgo: Es reicht, wenn sie ihr Geld im Quartier ausgeben, ohne Museum. Also werden Sitzgelegenheiten ausgegeben, die Enzis, die wiederum zu Besuchern führen, zu Unordnungen und zu Hausordnungen. Keine Entropie ohne Enzis. Kein Wärmetod ohne Waldner.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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1 Posting in diesem Forum
Posting gelöscht
Werner Rodlauer | 19.07.2009 07:45 | antworten
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