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Sag mir, wo die Messen sind...

Der Messemarathon in Basel ist kürzer geworden. Bridge Art Fair, Red Dot und Print Basel – wurden vom Parcours gestrichen. Die ehemalige Bale Latina für südamerikanische Kunst mit 18 Teilnehmern heißt jetzt Hot Art Fair und residiert noch als letzte im etwas abgelegenen Industriegebiet – für die meisten Besucher keine obligatorische Station. Als einziger Neuzugang präsentiert sich die Selection Artfair mit nur acht Teilnehmern zwischen Art Basel und Liste gelegen – Hostessen verteilen fleißig Gratis-Billetts vor den Eingängen der Konkurrenz. Übriggeblieben sind Liste, Volta, Scope und Solo Project. Das bedeutet immer noch genügend Wettbewerb um Aussteller und Sammler. Die Liste, erste aller Satellitenmessen, hat darauf reagiert und erfindet sich behutsam neu. Bevorzugt wurden dieses Jahr Bewerbungen mit Einzelpräsentationen. Das Ergebnis ist ein einheitlicherer und aufgeräumterer Eindruck als in den letzten Jahren, in denen die Fülle verschiedenster Positionen das ehemalige Industriegebäude wie eine chaotische Studenten-WG aussehen ließ. Allerdings bemängeln jetzt einige Besucher den einheitlichen Stil des Angebotenen, den das Auswahlkomitee zugelassen hat. Gleichwohl ist der Ruf der Liste immer noch so stark, dass sie die Abstimmung per Fuß am Montag mit Leichtigkeit gewonnen hat. Da alle Satelliten dieses Jahr schon am Montag eröffneten, war ein direkter Vergleich der Publikumsgunst möglich. Zumindest in diesem Punkt hatte die Liste die Nase vorn. Da konnte das Solo Project auch in seiner zweiten Ausgabe beim besten Willen nicht mithalten. Die abgelegene Kleinmesse mit 33 Teilnehmern ist in einer Tennishalle untergebracht, die neben ihrem gepflegten 70er-Jahre Beton-Brutalismus immerhin eine Klimaanlage zu bieten hat. Auch in diesem Jahr schlängelt sich der Besucher durch ein Ikea-artiges Labyrinth und trifft dabei tatsächlich auf ein abwechslungsreiches und sehenswertes Programm aus Einzelpräsentationen – allerdings nicht auf andere Besucher. Dabei wäre der praktisch im Alleingang von Galerist Paul Kusseneers gestemmten Veranstaltung ein größerer Erfolg zu wünschen. So konzentriert und an Inhalten orientiert präsentiert sich keine der anderen Satellitenmessen. Philippe Rey von der Züricher Galerie Römerapotheke urteilt, er habe bereits 15 oder 16 Mal die Scope an den verschiedensten Orten mitgemacht und an etwa ebenso vielen anderen Messen teilgenommen und habe sich für das Solo Project entschieden, weil es am meisten in die Tiefe gehe. Dieser Eindruck drängt sich bei der Scope nicht gerade auf. Sie präsentiert sich als großer Gemischtwarenladen mit rund 90 Teilnehmern. Von ganz jungen Galerien mit aktuellsten Positionen bis zum Establishment mit musealer Ware ist hier alles dabei. Etwa die Wiener Galerie Peithner-Lichtenfels, deren Künstlerin Billi Thanner in einer Guerilla-Aktion ein halbes Dutzend Papierarbeiten wie bei einer Schnitzeljagd in der Umgebung der Messe aufgehängt hat, die im Nu verschwunden waren. Oder die Kölner Galerie Klaus Benden. Sie ist mit ihrem schwergewichtigen Pop Art-Programm das erste Mal überhaupt in Basel. Schon durch einen Sammlerkontakt in die Türkei hat sich die Messe für sie gelohnt. Dem Besucher kann allerdings leicht schwindlig werden bei dem heterogenen Angebot. Die 20 Teilnehmer der Tochterveranstaltung Art Asia wurden in das Hauptzelt integriert und fallen durch die zum Teil gewohnt schrillen asiatischen Auftritte auf. Einen eigenen Block bilden einige Berliner Galerien. Der Landesverband fungiert als Untermieter und hat zehn Plätze in Eigenregie vergeben. Der große Clou der Messe ist die unmittelbare Nähe zur Art Basel, nur einen Steinwurf entfernt auf einem Sportplatz gelegen, was sich allerdings nicht in Besucherzahlen niederzuschlagen scheint, wie einige Teilnehmer bemängeln. Die Volta, einst von Galeristen gegründet, ist ebenfalls umgezogen und hat die schönste Bleibe aller Kunstmessen in Basel gefunden, die alte Markthalle, einen beeindruckenden Kuppelbau gegenüber dem Hauptbahnhof. Die ist zwar schön, hat allerdings auch einen Nachteil: In einem schrumpfenden Markt ist sie zu groß. Statt größerer Stände gibt es jetzt mehr Teilnehmer, nämlich über 100 statt vorher gut 60. Mit der Übernahme durch den Messekonzern Merchandise Mart Properties Inc., an dem Mitglieder des Kennedy-Clans beteiligt sind, war man wohl zu diesem kaufmännischen Kompromiss gezwungen. Dabei will sich die Messe nach eigenen Angaben auf Qualität konzentrieren. Konkret bedeutet das, dass eher etablierte, durchaus erfolgreiche Galerien eingeladen werden, deren einstige Nachwuchskünstler – von ihnen aufgebaut – mittlerweile bei Art Basel-Teilnehmern im Programm sind. Das Zulassungskomitee, in dem ausschließlich Kuratoren eine Stimme haben, wählt zusätzlich die seiner Ansicht nach vielversprechendsten Nachwuchsgalerien aus. Aber dabei hätte eben ein bisschen weniger nicht geschadet.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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