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Asta Gröting: Akustische Doppelgänger

Wenn denn Kunstkritik einen Sinn hat - und jeder, der sich einmal einen Verriss eingefangen hat, wird das unverzüglich und sowieso bezweifeln -, dann lässt sich dieser Sinn darin greifen, dass Zusammenhänge konstruiert und Logiken ersonnen werden für Dinge, die als Exponate zunächst einfach da sind. In eben diesem Sinn müsste es jetzt an uns sein, eine Gedankenkombination herzustellen zwischen einer etwa 15 Quadratmeter grossen, am Boden ausgelegten Fläche aus rosa Silikon, einem Haufen von in mustergültigem Patchwork gefertigten Lederjacken und einem Dutzend Fotos in Schwarzweiss, auf denen Bauchredner samt ihren puppensüssen Gefährten zu sehen sind. Asta Grötings erste Einzelausstellung in Österreich setzt sich, wie sie im Moment bei Martin Janda über die Bühne geht, aus eben den genannten Elementen zusammen. Gleich vorab erklären wir uns ausserstande, eine Botschaft aus diesem Durcheinander herauszulesen. Erstens fehlt es uns an Kompetenz, und zweitens gebricht es dem Gemenge im Gegenzug an jener Qualität, die seit zwei Jahrhunderten das wichtigste kunstkritische Kriterium liefert: Es ist nicht interessant. Entschieden interessant ist allerdings Asta Grötings Beschäftigung mit der Bauchrednerei. Seit einigen Jahren reist die 1961 im westfälischen Herford geborene, an der Münchner Kunstakademie professoral bestallte Künstlerin durch die Welt, um die bedeutendsten Ventriloquisten zu besuchen. Filme werden dabei produziert, in denen die Artisten mit ihren Mannequins Dialoge zum besten geben, die wiederum von Asta Gröting stammen. Eines der Videos ist in der Ausstellung zu sehen. \"Ventastic\" sind mit einem schönen Wortspiel die Fotos betitelt, die dabei ebenfalls entstehen. Die Idee des akustischen Doppelgängers, des infantilen Wesens, dessen Kindermund Wahrheit kund zu tun scheint, ohne doch mehr zu sein als ein auf raffinierte Weise der Biologie entlockter Automat, hat etwas Bestechendes. Man wundert sich, dass sie erst jetzt bildnerisch aufs Tapet kommt. \"Transzendente Ventriloquenz\" nannte Georg Christoph Lichtenberg einst die Überzeugung der Physiognomik, Gesichts- und Charakterzüge kurz schließen zu können. Auch Visuelles hantiert bisweilen mit einer buchstäblich inneren Stimme. Man sollte sie sich ansehen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Asta Gröting
15.05 - 22.06.2002

Galerie Martin Janda
1010 Wien, Eschenbachgasse 11
Tel: +43 1 585 73 71, Fax: +43 1 585 73 72
Email: galerie@martinjanda.at
http://www.martinjanda.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-16h


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