Werbung
,

Gerhard Richter - Retrospektive: Gerhard Richter: Beruf: Maler

Zu viele Ansprüche, zu viele Themen scheint die Graphische Sammlung Albertina mit ihrer kürzlich eröffneten Werkschau zu dem deutschen Maler Gerhard Richter erfüllen zu wollen. Gerhard Richters Werk, das zweiundzwanzig Jahre nicht mehr in Wien zu sehen war, tritt nun dem Betrachter in geballter, etwas inkohärenter Form entgegen. Ursprünglich war die Schau als Ausstellung von Bildern aus privaten Sammlungen vom Museum Frieder Burda in Baden Baden übernommen worden. In Wien wurde sie aber noch durch private Sammlungsbeiträge ergänzt und auch der Künstler selbst stellte Leihgaben zur Verfügung. Weiters wurde eine kleine Schau selten gezeigter Aquarelle, Zeichnungen, Öl auf Papier-Arbeiten und 31 Monotypien als Ausstellung in der Ausstellung von Barbara Steffen konzipiert und präsentiert. Die sich daraus ergebende Vielfalt, dennoch in einen gewissen chronologischen Ablauf gebracht, beginnt mit dem oft zitierten Satz von Richter (1966): „Ich verfolge keine Absicht, kein System, keine Richtung, kein Programm, keinen Stil, kein Anliegen.“ Ähnliches scheinen sich die Ausstellungsmacher beim Zusammenstellen der Schau gedacht zu haben. Dass wir es hier mit einem äußerst hoch dotierten Künstler zu tun haben, der seit „vier Jahrzehnten daran arbeitet, die Furcht des Malers vor einer Malerei, die alle Fragen schon gestellt und alle Antworten bereits gegeben hat“, zu bewältigen, scheint hier fast vergessen worden zu sein.(1) Aber natürlich geht es in Richters Bildern – egal ob „realistisch“, ungegenständlich oder Farbfeld-Malerei - um das Ausloten von malerischen Fragestellungen am jeweiligen zu gestaltenden Objekt. Wie virtuos da einer den Pinsel führt und mit reduzierter Farbigkeit – grau, schwarz, weiß - das Sonnenlicht eines Sommertags auf den Badekappen einer Familie aus den 60er Jahren einzufangen weiß, zeigt das Bild „Familie am Meer.“ Es ist nach einem Familienfoto seiner ersten Frau Ema gemalt und wirft mit Hilfe malerischer Mittel einen distanzierten und kritischen Blick auf das Glück der frühen Wirtschaftswunderurlaube. Abseits seiner Motive, die manchmal eine eigene Geschichte in sich bergen, lässt sich Richter mühelos in Beziehung zu Tizian, Vermeer oder Caspar David Friedrich setzen. Gefahr laufend, als Traditionalist verschrien zu werden, gelang es Richter, über die Jahre eine Ästhetik zu entwerfen, die romantische Traditionen und barocke Facetten überzeugend mit eigenen Errungenschaften zu verbinden verstand. So entstanden etwa Landschaftsbilder, die sowohl an holländische Malerei des 17. Jh. mit ihren hohen Horizonten erinnern, als auch an auratische romantische Bilder des Menschen in der Natur eines Caspar David Friedrich. Was man in dieser Richter-Retrospektive schmerzlich vermisst, sind Arbeiten, die gesellschaftspolitische Fragestellungen aufwerfen. Der Künstler, der ideologische Interpretationen stets vehement zurückwies und dies mit seinen Erfahrungen im Nationalsozialismus als Kind und im DDR-Sozialismus als Erwachsener erklärte, hat doch so verstörende Bilder wie die Toten aus Stammheim gemalt, die in dieser Ausstellung nicht zu sehen sind. Alles in allem ist die Ausstellung ein Versuch, dem Phänomen Richter auf die Spur zu kommen und sie einem breiten Publikum näher zu bringen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Gerhard Richter - Retrospektive
30.01 - 03.05.2009

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Ein wertvoller Beitrag...
M.W. | 21.05.2009 03:29 | antworten
... für die gegenwärtige wie zukünftige Kunstszene und eine Bereicherung für die Räume der Albertina, in denen die Werke von Gerhard Richter bis vor Kurzem zu sehen waren. Über 100.000 Besucher bestaunten die Bilder des "deutschen Picasso" - sicherlich mit ebensolcher Begeisterung wie ich. Ein grandioser Künstler!

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: