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Sissa Micheli - Remind me - Rewind me - Little Stories between the Visible and the Invisible: Nachgestellte Realität

Wer bei den derzeit in der Startgalerie im MUSA gezeigten Arbeiten der 1975 geborenen Künstlerin Sissa Michelli an Cindy Sherman denken muss, liegt sicher nicht falsch. Die stimmungsvoll und bewusst kitschigen Photos verweisen eindeutig auf eine intensive Beschäftigung mit der weltberühmten amerikanischen Photokünstlerin. Dass diese Beziehung zum Werk Shermans nicht einfach geflissentlich unerwähnt bleibt sondern auf konkrete Werke dieser, wenn auch etwas zu dezent, hingewiesen wird ist eine viel zu seltene Geste der Ehrlichkeit. Auf den in zuckerlrosa gehaltenen Bildern ist stets eine konservativ gekleidete Frau in den verschiedensten Alltagssituationen in einem kitschig unzeitgemässen, aber luxuriösen Appartment zu sehen. Die Künstlerin stellt hier Momente aus dem imaginierten Leben von Frauen nach, die sie nur aus Berichten der New York Times kennt. Dass diese Arbeiten nichts mit der tatsächlichen Lebensrealität der Menschen, die hinter den zum Ausgangsmaterial genommenen Artikeln stehen, zu tun haben, erschließt sich einem alleine schon durch die offensichtliche Maskerade und die stets gleiche Inszenierung. Es geht hier anscheinend vielmehr – wie bei Cindy Sherman – um das Spiel mit Rollen, die nicht zuletzt immer auch Geschlechterrollen sind. Berührend ist auch der Film im Appartment der Großmutter, der nocheinmal deren Leben Revue passieren lässt, bevor die Wohnung mit allen Erinnerungen aufgelöst wird. Wie auch in den anderen Arbeiten schlüpft die Künstlerin hier in die Rolle der Großmutter, indem sie ihr Kleid anzieht und uns dann an den „Erinnerungen“, die an gewissen Dingen haften, teilhaben lässt. Dass sich diese doch recht authentische Arbeit in Stil und hinterlassenem Eindruck nicht wesentlich von den anderen Arbeiten unterscheidet legt nahe, dass Fiktion und Wirklichkeit – wie so oft im aktuellen Kunstdiskurs – auch hier in einander überzugehen scheinen. In der Rezeption des Betrachters/ der Betrachterin ist der Unterschied zwischen freier Erfindung und real Erlebtem irrelevant. Es zählt nicht was war, sondern was als Erinnerung bestehen bleibt. Dass es dennoch nur sehr selten gelingt Realität dauerhaft zu erfinden, zeigt nur ein weiteres mal wie ungleich komplexer das Leben im vergleich zur Kunst ist. Und vielleicht sind wir ja deswegen auf letztere angewiesen um wenigstens etwas von ersterem zu verstehen.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Sissa Micheli - Remind me - Rewind me - Little Stories between the Visible and the Invisible
14.11 - 11.12.2008

Startgalerie im MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 1 4000 8400, Fax: +43 1 4000-99-8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa 11-16 h


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