Werbung
,

Index. Zeichen des Alltags: Im Zeichen des Alltags aber nicht Alltäglich

Sowohl die Auswahl als auch die Zusammenstellung und die Präsentation sind bei dieser Schau aufs Beste gelungen. Selten gelingt es einem Kurator oder einer Kuratorin, wie in diesem Fall, die Auswahl so feinfühlig und mit Mut zur Reduktion aufs Wesentliche zu gestalten. Gerade, dass auf große Gemälde oder spektakuläre Objekte weitgehend verzichtet wurde macht eine so stimmige Ausstellung auf doch sehr begrenztem Raum möglich. Die einzigen Arbeiten auf Leinwand, die zu sehen sind, sind mit vielen feinen Strichen in Schraffurtechnik gemachte, wie überdimensionale Alltagsskizzen wirkende Bilder von Selim Birsel. Eines davon zeigt in an Van Goghs Frühwerk erinnernder Manier einen alten Mann mit Kappe auf einem ebenso alt wirkenden Sessel. Ohne jeden Hintergrund und Farbe entwickelt diese Zeichnung eine enorme Intensität und bleibt trotz ihres großen Formats sehr Schlicht und unaufdringlich. Mit offensichtlicher Freude am Erfinden hat Ceren Oykut eine eigene Phantasiewelt auf die Wände eines sonst leeren Raumes gezeichnet. Viel Liebe zum Detail und der Fakt, dass sich nichts von dieser sehr fein gestalteten Arbeit verkaufen oder auch nur aufbewahren lässt, macht diese Arbeit zu einem Highlight der Schau. Hier hat man das Gefühl, dass Kunst im besten Sinn kein professionelles Business ist, sondern eine Lebenseinstellung. In diesem Raum zahlt es sich aus, die vielen Details zu erkunden und sich von den Bildern führen zu lassen. Die kleinen, hinterleuchteten Schaukästen mit aus Papier ausgeschnittenen Szenerien von Nermin Er sind ebenfalls sehr zu empfehlen. Auch hier ist das Entdecken und Staunen, die Kunst des Erzählens in Bildern, die zu überzeugen vermag. Einige Arbeiten können diese Intensität zwar nicht ganz aufrechterhalten, dennoch ist diese Ausstellung ein absoluter Geheimtipp und sicher um vieles sehenswerter, als so manche große Überblicksschau zur boomenden türkischen Gegenwartskunst. Nur spektakuläre und exotisch wirkende Arbeiten sucht man hier vergebens.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Index. Zeichen des Alltags
05 - 25.11.2008

Kunstraum Palais Porcia
1010 Wien, Herrengasse 23
Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 10.00 bis 15.00 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: