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Sünde. Süße Laster - Lässliche Moral in der bildenden Kunst: Belehrung, nicht Begeilung

Nur ein paar Schritte vom Salzburger Domplatz entfernt, wo während der Festspiele der „Jedermann“ gespielt wird, begegnet man in der Residenzgalerie einer thematischen Auseinandersetzung mit dem Thema Sünde – Laster – Tugenden in der Kunst seit der Antike. Jener rote Faden, der allegorische Figuren aus dem Stück mit Darstellungen der sieben Sünden zu verbinden scheint, findet sich als feine Umrahmung einer Aufschrift auf dem Werbeplakat wieder: „Sünde“ heißt es in großen roten Lettern über einem nackten, lasziv ausgestreckten weiblichen Oberkörper einer Odaliske und erinnert an Stempelaufschriften mit „Zensur“. Wer allerdings der Verführung des Plakats erliegend insgeheim hofft sich in der Ausstellung einer der Sünden hingeben zu können, nämlich der Luxuria, der Wollust, der wird enttäuscht. Belehrung ist angesagt, nicht Begeilung. Ein auf einem Ziegenbock sitzendes Liebespaar auf einem südwestdeutschen Holzschnitt um 1480/90 führt es vor. Das Paar wird vom Teufel geholt. Der Ziegenbock galt als seine Verkörperung. Unmissverständlich der Titel: „Die sieben Todsünden und der Teufel“. So wurde einstmals jenen gedroht, die vom Weg der Tugend abzukommen beabsichtigten. Tabakkonsum (Rauchen und Schnupfen) galt im 17. Jahrhundert als Zeichen für die Sünde des Müßiggangs und wurde nicht als Stressunterbrechung angesehen. Wäre damals bekannt gewesen, dass übermäßiges Rauchen Gefäß verengend wirkt und schneller abhängig macht als Alkohol, hätten ein Theodor Rombouts oder Gerard van Honthorst wohl einen Mann mit amputierten Bein dargestellt und nicht Pfeife rauchende, Karten spielende Trinker in Tabakkneipen. Anders die Gegenwart. Was sie als sünd- und lasterhaft ansehen, zeigen uns Studierende des Kollegs für Medientechnik und Medienmanagement an der HTL Salzburg. Vom einstigen Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies sind wir nicht nur kunstgeschichtlich inzwischen Jahrhunderte entfernt, auch von Alfred Kubins ergreifenden Darstellungen. Schlusspunkt schräg vis-à-vis von der die Männerwelt des Fin de Siècle mordenden Odaliske mit Wasserpfeife von Franz Lefler Gilbert & George mit einer Arbeit aus dem Jahr 1997 über ihre eigene Homosexualität. Gelungen ist jedenfalls die farbliche Gestaltung der Wände, ein helles Rot, das nicht zu aufdringlich abwechselnd mit ausgleichenden Farben gesetzt wird. Die Erklärungen sind zwar informativ, sättigen aber nicht zur Gänze. Ob zu viel Wissensdurst auch lasterhaft sein kann?
Mehr Texte von Maria-Gabriela Martinkowic

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Sünde. Süße Laster - Lässliche Moral in der bildenden Kunst
11.07 - 02.11.2008

Residenzgalerie Salzburg
5010 Salzburg, Residenzplatz 1
Tel: +43(0) 662/ 840451 -0, Fax: +43(0) 662/ 840451 -16
Email: residenzgalerie@salzburg.gv.at
http://www.residenzgalerie.at/
Öffnungszeiten: täglich 10.00 - 17.00 Uhr, Mo geschlossen


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