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Andrea Zittel, Monika Sosnowska - 1:1: Kokon Politikon

„Decorated Shed“ nannte Robert Venturi, der Begründer der Pop-Architketur, sein gebautes Ideal. Eine knallige Fassade sollte es sein und dahinter eine Hütte, die ganz funktional leistet, was Häuser eben leisten sollen. Herzog & DeMeuron haben Venturis Idiom in die Gegenwart übersetzt. Gut sind sind, wenn es um die Hülle geht, den Ballon wie in München, das Vogelnest wie in Peking. Dahinter bleibt der Beton Beton. Das Baseler Schaulager ist auch von den beiden, ein Hochbunker, der mit Platten aus blanker Erde bedeckt ist, als wäre er soeben dem Boden entstiegen. Innen ist es clean und gewöhnlich, und da passt die momentane Ausstellung, die mit Andrea Zittel und Monika Sosnowska zwei dezidierten Vertreterinnen einer Kunst über Architektur die nur einmal pro Jahr staffindende Ehre gibt, gut hinein. Andrea Zittel zeigt, was übrig bleibt, wenn man die Fassade wegnimmt: der Container, die Wohnschachtel, der Rückzugsort fürs Cocooning oder gleich fürs Überleben der Spezies. Andrea Zittels spezielle Survival Kits haben etwas Katastrophisches, sind als schwimmende Inseln angelegt, als Maisonettes oder tropische Hütten, aber stets nur für eine Person – die Künstlerin selber, die in ihren Ideen zu leben versucht und froh sein wird, wenn das Probewohnen nach einer Woche wieder vorbei ist. Den an die Wände gehefteten Zeichnungen ist zu entnehmen, dass noch viele Entwürfe der Selbsterfahrungs-Performance harren. Auch Monika Sosnowska ist durch Klaustrophobisches bekannt geworden, anders als Andrea Zittel hat sie das Paranoide allerdings zum Thema und damit bewusst gemacht. Wieder hat sie das Metallgerüst, das den seligen Plattenbauten der Ostblockzeit das Modul gab, zwischen Boden und Decke geklemmt, nachdem sie damit auf der letztjährigen Biennale von Venedig für Furore sorgte. Und es gibt einen Korridor, der den Diskurs in der Enge weiterführt. Insgesamt aber kommt ihre Arbeit jetzt kunstmarkt-tauglicher, skulpturaler, transportabler und materialbezüglicher, also weniger modellhaft daher. Der Mensch, das Kokon politikon. Man ist aufgefordert, sich einzurichten in der Kapsel, der individuellen Version des stählernen Gehäuses, das die Moderne sowieso ist. Die Basler Doppelschau führt zur One-Person-Show von Jedermann. Und für die Aufmerksamkeit sorgt die Fassade.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Andrea Zittel, Monika Sosnowska - 1:1
26.04 - 21.09.2008

Schaulager
4142 Münchenstein, Ruchfeldstrasse 19
Tel: +41 61 335 32 32, Fax: +41 61 335 32 30
Email: info@schaulager.org
http://www.schaulager.org/
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 12-18, Do 12-19, Sa, So 10-17 h


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