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Peripherer Blick und kollektiver Körper: Absicht oder Zufall?

Die Eröffnung eines Museums und die Kommunikation Auch eine schlechte Nachricht, ist eine gute Nachricht – oder vielmehr eine gute Reklame. So besehen müsste sich Corinne Diserens, Direktorin des Museion, des neuen Museums moderner und zeitgenössischer Kunst in Bozen, erfreut die Hände reiben. Eine hitzige Debatte um ein Kunstwerk von Martin Kippenberger erregt seit der Eröffnung am 24. Mai dieses Jahres die Gemüter in der Autonomen Provinz von Bischof Wilhelm Egger und Landeshauptmann Luis Durnwalder abwärts. Die Entfernung wird gefordert. Sogar mit Drohungen und Fasten. Und der Athesia-Verlag bietet geneigt seine Medien als Sprachrohr an. Es ist hinlänglich bekannt, dass Themen, die mit Sexualität und Religion in Zusammenhang stehen, noch immer (?!) die Menschen am besten dazu bringen ihre Meinung zu äußern. Noch dazu, wenn im November Landtagswahlen ins Südtiroler „Haus“ stehen. Also schreibt oder debattiert jede(r), der (die) glaubt, einen Beitrag dazu leisten zu sollen, über das Objekt von Kippenberger aus dem Jahr 1990 mit dem Titel „Zuerst die Füsse“. Es handelt sich um einen grünen Frosch, der Jesus gleich, an einem Holzkreuz angebracht wurde und in Händen ein Bierkrügel und ein Ei hält. „Der Frosch“ hängt im Foyer über dem Shopeingang, wurde nicht wie bisher gefordert abgehängt, sondern – und diese Reaktion ist wirklich spannend und lässt Platz über den Grund nachzudenken – verhüllt. Das in Originalgröße kopierte Abbild der Titelseite der „Z am Sonntag“: „Das Museion im Kreuzfeuer“ ist zu sehen. An zwei Wänden dazu kommentarlos Zeitungskopien über die Museumseröffnung und den „Froschskandal“. Das Museum kommuniziert mit Texten anderer. Doch im Skandal geht unter worum es eigentlich geht. Es geht um die Eröffnung eines Museums, das über die Provinz- und Landesgrenzen hinaus international wirken soll. Der Name verspricht viel. Die Fakten dazu: Betreiber ist eine Stiftung an der ein Verein und die Provinz teilhaben. Dieter Bogner hat beratend mitgewirkt. Der gefällige Kubus von 54 m Länge, 25 m Höhe und 23 m Breite wurde von den Berliner Architekten KSV Krüger Schuberth Vandreike geplant und bietet auf sechs Stockwerken viele Raummöglichkeiten für Ausstellungen, Studium, Ateliers, Büros, Begegnungen. Bisher hat das Projekt 35 Millionen Euro verschlungen. Die Glasfassade, die abends zur Medienfassade wird, präsentiert sich in der Innenstadt unerwartet, aber imposant zwischen einem Haus mit Garten und einem typischen „italienischen“ Wohngebäude. Rückseitig erschließt sich, man kann es vom obersten Museumsgeschoss aus sehr gut sehen, die Bozen umgebende Landschaft. Eine „Brückenskulptur“ verbindet das Gebäude mit dem Stadtteil auf der anderen Uferseite. Die Voraussetzungen für tolle Ausstellungen sind reichlich vorhanden. Die technische Infrastruktur ist ausgeklügelt und spielt „alle Stückln“, allein die Stromrechnung für die Eröffnungsausstellung „Peripherer Blick und kollektiver Körper“ muss immens sein. Gelernt werden muss noch, dass in der Ausstellung Information angeboten werden muss. Ein Ausstellungstitel und Folder mit einer kurzen Erklärung und einer – zugegeben ästhetisch ansprechenden - Auflistung von über 200 Künstlernamen sind zu wenig. 300 Objekte stellt oder hängt man nicht einfach wo hinein, lässt Diashows und Videos ablaufen ohne den Betrachter zumindest ein wenig zu „begleiten“. An den Wänden verschämt angebrachte Kärtchen mit dem Namen des Künstlers und des Objektes nebst Jahreszahl bringen da nicht viel, hinterlassen sogar Ratlosigkeit beim Besucher. Keine Intention des Kurators. Nichts, außer „Bitte nicht berühren“.
Mehr Texte von Maria-Gabriela Martinkowic

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Peripherer Blick und kollektiver Körper
25.05 - 21.09.2008

Museion - Museum für moderne und zeitgenössische Kunst
39100 Bozen, Dantestraße 1
Tel: +39-0471 977116, Fax: +39-0471 312460
Email: info@museion.it
http://www.museion.it
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-22 h


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