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Oskar Kokoschka - Exil und neue Heimat 1934-1980: Reinhänger und Rausschmeisser

Nicht auszudenken, wenn der Mann früher als mit 94 Jahren gestorben wäre. Wenn er nicht durch das unmenschlichste aller Jahrhunderte, das zwanzigste, getrieben worden wäre und alle Schikanen zwischen Vertreibung, Odyssee und Todesangst erlebt hätte. Wenn er kein Oeuvre hinterlassen hätte, das zwischen Aufbegehren und Opportunismus, Selbstverliebtheit und großer Geste die Menschheitsfragen entfaltet. Es hätten sich doch dann glatt nicht zwei Wiener Institutionen in das eine Ausstellungsthema teilen können. Doch es ist noch einmal alles gut gegangen. Nach dem Frühwerk von Oskar Kokoschka im Belvedere, gibt es jetzt in der Albertina das Spätwerk. Dabei haben die beiden Menschheitshäuser auch noch zwölf Jahre ausgespart. Zwischen 1922 und 1934 ist nichts vertreten von des Meisters Weltösterreichertum. Ob da nicht ein drittes Wiener Museum? „Exil und neue Heimat“ ist der schöne Titel der Abteilung Albertina. Verfolgt wird, wie Kokoschka sich in die Tschechoslowakei absetzt, es gerade noch nach England schafft, wie er sich im zweiten Weltkrieg auf der Seite der Allierten engagiert, zum Kosmopoliten wird und sich dann doch wieder eingemeinden lässt, und sei es nur für die Sommerakademien in Salzburg. Wohnen bleibt er, skeptisch, um die Abgründe der Freundlichkeit wissend, ganz wie Thomas Mann in der Schweiz. Dass er angesichts einer solchen Biografie künstlerisch etwas anderes zu tun hat als sich in den Eingeweiden zu vergraben, vesteht sich von selbst. Kokoschka wird zum Maler der großen Geschichten, handeln sie nun von Städten, von den antiken Mythen oder von Shakespeare. Der Ungestüm seiner Jugend ist längst einem Wissen gewichen, das von der Anhaltendheit dessen, dass es ihn gibt, genährt wird. Sein Duktus bleibt dabei durchaus aufgemotzt, nicht gestisch, aber doch angefüllt mit Rhetorik. Er hängt sich immer noch rein. Es ist bei aller Abgeklärtheit kein leiser Weg, den er geht, und vielleicht liegt darin auch die Attraktivität, die er für die Vertreter des Exaltierten von Maria Lassnig bis Georg Baselitz augenscheinlich besitzt. Was er ihnen voraushat, ist die Ironie, womöglich hat er sie in Britannien gelernt. „Time, Gentlemen please“, heißt eines seiner letzten Bilder. Der notorische Schlussspruch im Pub war auf ihn selber gemünzt, als Rausschmeisser aus einem langen Leben.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Oskar Kokoschka - Exil und neue Heimat 1934-1980
11.04 - 13.07.2008

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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