Zum Ersten, zum Zweiten, zum ...
artmagazine im Gespräch mit Martin Böhm, geschäftsführender Gesellschafter des Dorotheum, zuständig für den Bereich Auktionen. Seit Ende vergangenen Jahres hat er die Agenden des Bereichs Auktionsgeschäft übernommen. Martin Böhm, seines Zeichens Spross einer Unternehmerfamilie (Böhm Stoffe, Einrichtungshaus Steinwender), gehörte zum Käuferkonsortium, das im Herbst 2001 das Dorotheum kaufte.
Der nunmehrige Mitgesellschafter - "ich habe mein Geld im Dorotheum veranlagt. Wir haben ja alle zusammengetragen ..." - hat Affinitäten zur Kunstgeschichte. Privat schätzt er Möbel des Empire, Alte Meister aber auch die klassische Moderne und vor allem zeitgenössische Kunst, wie die eines Franz West.
"Quantitativ weniger, qualitativ besser"
Künftig wird er sich freilich mit allen Sparten auseinander setzen, diese aber auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht beleuchten. "Das Dorotheum ist und will ein umfassendes Auktionshaus sein. Damit haben wir eine Marktposition bei der Sammelsparten nicht ausgelassen werden können." Dabei möchte er schon zwischen qualitativ hochwertiger Kunst und Artefakten mit Antiquitäten-Charakter unterschieden wissen. Konkret soll etwa bei den Auktionswochen künftig "quantitativ weniger, qualitativ besser" auktioniert und auch entsprechend vermarktet werden.
Manko Zeitgenossen - Galerien als Partner
Das größte Manko sieht er im Bereich der Zeitgenossen - "da hat man sich in der Vergangenheit viel zu wenig gekümmert" - und schwärmt von einem Level á la London. Seiner Meinung nach liefert der Markt im anglikanischen Raum die Vorgaben, früher oder später "setzen sich diese auf dem Kontinent fort". Die Galeristen sieht er dabei als Partner und will für diese keinesfalls Konkurrenz sein. "Wir haben alle nur gemeinsame Konkurrenten und die heißen London oder München. Wir müssen alles daran setzen gemeinsam den Marktplatz Österreich und damit auch Wien zu stärken".
Geplante Sparte: Musikinstrumente
Womit er im Gespräch erneut auf den Bereich Sparten verweist: "Das Dorotheum hat keine für Musikinstrumente oder Asiatika. Beides ist natürlich nicht aktuell, weil es auch eine Frage des Experten ist. Aber, dass in der Welthauptstadt der Musik keine Instrumente verkauft werden ...", wäre aus strategischer Sicht kaum eine gute Taktik, "diese Sparte würde ich gerne in unser Programm aufnehmen!"
"Dorotheum school of Art"
Zur Hochpreisburg soll das Dorotheum keinesfalls mutieren, das Suchen und Finden, die Entdeckungsreisen der Klientel sollen erhalten bleiben. Überhaupt will er gemeinsam mit den Experten einen stärken Fokus auf Kunden setzen. Und das betrifft vor allem den Bereich Wissensvermittlung - konkret detailliertere und umfassendere Katalogtexte, Führungen - ja, und die Zukunftsvision einer "Dorotheum school of Art", in der beispielsweise in Zusammenarbeit mit externen Fachleuchten Antiquitätenkurse abgehalten werden sollen. Generell will das neue Team an der Spitze des Dorotheum das Unternehmen unter dem Schlagwort Internationalisierung auch in der Realität und intern ins nächste Jahrtausend führen. Dies betrifft EDV-technische Aufstockung genauso wie die hauseigene Expertenschaft - "ich möchte ihnen jede mögliche und sinnvolle Unterstützung und damit auch mehr Freiheiten geben". Dies alles wären langfristige Ziele, wie auch das Engagement des jungen Teams für eines der ältesten Auktionshäuser Europas zu verstehen ist - "wir sind Unternehmer, keine Finanzinvestoren".