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Tony Cragg - F.X. Messerschmidt: Kanon und kann auch nicht

Neue Werke gibt es nur, weil es alte gibt. Ohne Kanon keine Kunst, da kann man im Lauf der Jahrhunderte noch so vehement dagegen anstinken wollen – und dies manchmal auch noch ganz buchstäblich. Mit den postmodernen Zeiten, in denen wir leben, hat sich dieser Mechanismus jedenfalls langsam Akzeptanz verschafft. Und weil es sowieso nichts hilft, kann man es gleich zur Kenntlichkeit bringen. Man setzt also die neuen Werke neben, vor und über die alten. Das kann einfach und gut visuell funktionieren wie seinerzeit im Kunsthistorischen Museum, als man Francis Bacon mit seinen Vorbildern, Velazquez zum Beispiel, zusammenbrachte. Das kann experimentell daherkommen, wie gerade im Lentos, wo man fünf Exponenten der Gegenwart eingeladen hat, sich auf die Archiv-Bestände zu stürzen. Oder es kann läppisch sein, belanglos, banal und nichtssagend wie jetzt im Belvedere, wo sie den Begründer des Prinzips Skurrilität in der Kunst unter die Haube mit einem Software-Spezialisten stecken. Dass nicht Franz Xaver Messerschmidt dabei den Kürzeren zieht, sondern Tony Cragg, versteht sich von selbst. Es verliert immer der Jüngere, und alte Werke gibt es durchaus ohne die neuen. Aber gleich so verlieren. Armer Cragg. Messerschmidt hat alles, was auch die Gegenwartskunst gerne hätte: Stilisierung, Notwendigkeit, ein individuelles, um nicht zu sagen versponnenes Programm, jede Menge Spektakelträchtigkeit. Ein gewisser Aufmerksamkeitspegel ist das einzige, was Cragg auch hat, sein Programm hingegen ist eines für den Computer, die Notwendigkeit steuert der Galerist bei, und die Stilisierung erschöpft sich im Styling. Craggs teigige Stelen, die unter Messerschmidts Charakterköpfe gemengt sind, spielen eifrig auf der Klaviatur der Allansichtigkeit. Läuft man nur sportlich genug um sie herum, ergeben sich bisweilen Ahnungen von Silhouetten menschlicher Konterfeis. Meistens aber ergibt sich überhaupt nichts, nur die pure Tatsache apparathaft geformter, für den Tunnelblick auf den Augenblickseffekt genormter Rundplastiken. Drechselei aus dem Plotter. Nicht der Rede wert. So wird es nichts mit der eigenen Aufnahme in den Kanon.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Tony Cragg - F.X. Messerschmidt
29.01 - 25.05.2008

Belvedere
1030 Wien, Prinz-Eugen-Strasse 27
Tel: +43 1 795 57-0, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr


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