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Ricky Swallow - Younger than Yesterday: Hölzerne Lieder

Betritt man nachmittags den gläsernen Ausstellungsraum des project space am Karlsplatz, so umfängt einen vielleicht das letzte Tageslicht der untergehenden Sonne, das hier auf die spärlich drapierten Skulpturen seine Glanzlichter wirft. Der australische Künstler Ricky Swallow spielt in seiner Wiener Ausstellung explizit mit den vorhandenen Lichtsituationen, den niederen Räumen und den breiten Glaswänden bishin zur Wirkung der tosenden Straße und lässt seine Objekte dabei in einem fast sakralen Ambiente erscheinen. Den Ausstellungsraum als solchen versteht er explizit als große (Museums)Vitrine oder "Glassarg". Swallow vertrat mit einem Fischstillleben aus Holz, das an Niederländische Malerei des 17. Jahrhundert erinnert, Australien bei der Biennale 2005. In Wien zeigt er erstmals handwerklich perfekt gefertigte Skulpturen, die in ihrer Kunstfertigkeit Anleihen an deutschen Lindenschnitzereien der Renaissance und an Barockskulpturen nehmen und doch immer ein wenig zeitgenössische Irritationen in sich tragen. Da wachsen aus einem hölzernen Totenkopf Knospengeflechte oder aus einem Buchenscheit eine Hand, die eine geschälte Zitrone umfasst und den Titel "History of Holding" trägt. Irritierend liegt ein Schlafsack im Ausstellungsraum dessen seidiges Schimmern der Oberfläche an Mikrofaserstoffe erinnert und der sich erst auf dem zweiten Blick als aus Holz gefertigtes Objekt entpuppt. Auf die Frage, warum Swallow, sich der Manier Alter Meister bedient, die nichts mit zeitgenössischen Medien zu tun hat, antwortet er, dass er auf der Suche nach einer "Strategie war um in seiner künstlerischen Praxis nicht selbst so etwas wie ein veraltetes Medium zu werden." Letztendlich geht es Swallow auch um den handwerklichen Prozess des Herausschälens einer Form aus einer Materie und den Gedanken für eine Bildidee von Beginn an bis zur vollendeten Form allein verantwortlich zu sein. Eine Handlungsweise die im heutigen künstlerischen Schaffen nicht mehr gang und gäbe ist. Das Erstaunliche an Swallows Werk ist aber dass es trotz dieser Arbeitsweise und der Memento Mori und Vanitas-Motivik nicht antiquiert oder überholt wirkt sondern einen Zeitnerv trifft. Überzeugend ist nicht nur die Übereinstimmung von Form und Inhalt sondern auch die narrative Qualität der Arbeiten. Die Skulpturen entwickeln quasi ihre eigene Ikonografie von gemeinsamem kulturellen Wissen und individuellen dem Künstler eigenen Erfahrungen. In diesem Zusammenhang sind auch die bewusst gesetzten Titel der Werke zu erwähnen die Swallow sehr gezielt vergibt um dem Betrachter einen weiteren Erfahrungshorizont zu ermöglichen. Swallows Werk widersteht modischen Tendenzen und ist es wert in Europa näher entdeckt zu werden.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Ricky Swallow - Younger than Yesterday
09.11 - 09.12.2007

Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h


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