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Lernen von NÖ

In der deutschsprachigen Welt, so gilt die Faustregel, gibt es so viele Opernhäuser wie im Rest des Universums. Wenn es so weitergeht, wird nun bald eine zweite Formel ihre Berechtigung finden. Es dauert nicht mehr lange, und dann gibt es in Niederösterreich so viele Museen wie auf dem übrigen Teil des Planeten. Sie nennen es Künstlermuseen. Die Kreisverkehre sind restlos eröffnet, die Kunst im öffentlichen Raum ist lückenlos verteilt. Nun sind also die Oeuvres als Ganzes dran, und der Landstrich zwischen Mistelbach und Hollabrunn ist fruchtbar genug zur Bestückung von Lagerhallen und Badehäusern, Industriebrachen und sonstwie zur Verfügung stehenden Kubikmetern ummauerten Raums. Zur Not kann man sich auch mit einem Neubau behelfen. Das mit den Künstlern, der Musealität und einer etwaigen Qualität ihres Schaffens ergibt sich dann von selber. Nitsch und Frohner und Rainer werden es vorgemacht haben. Doch man soll nur ja nicht spotten. Auf der Webseite eines bekannten Wiener Hauses ist folgendes zu lesen: "Ab 2. März 2008 wird das LIECHTENSTEIN MUSEUM für Individualbesucher sonntags von 10.00–17.00 Uhr geöffnet sein." Nach dem Tamtam um die Sammlung des Fürsten und ihre Präsentation, nach den verstiegenen Erwartungen bezüglich der Besucherzahl und der Großartigkeit der Neuerwerbungen, hatte das Palais in der Rossau jetzt ohnedies schon drei Tage die Woche zu. Ab dem nächsten Jahr werden es deren sechs sein, es sei denn, es gibt lukrative Voranmeldungen. Die Selbstdarstellung ist sehr kleinlaut geworden, und die Information auf der Homepage tut in ihrer Kurzangebundenheit so, als gäbe es nichts anderes als einen unvorhergesehenen Schließtag. Doch bei Licht besehen ist diese lapidare Angabe der Öffnungszeiten eine Bankrotterklärung. Demgegenüber nun die Niederösterreicher. Zwar hat man in einer Art Ursprungseuphorie schon mal einer Geschäftsführerin gekündigt, weil nach vierzehn Tagen die anvisierten Besucherscharen bei Nitsch noch nicht eingetroffen waren. Die Interessenten werden aber schon noch kommen, und sie werden so vielköpfig erscheinen, wie es Niederösterreichs Kreativität in ihrer bodenständigen Hochbegabung geradezu erzwingt. Das nennt man kühn gedacht. Während andernorts die Erwartungen nach unten korrigiert werden, verbessert das Land seine Kulturpolitik beständig nach oben. Das Label ist schon gefunden. Land Art war Sechziger. Ab jetzt gilt Bundesland Art.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Lernen...
Ingrid Reichel | 05.11.2007 04:55 | antworten
Köstlich... dennoch Wien ist nicht mehr Landeshauptstadt von NÖ...

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