Stefan Kobel,
Es neckt die Nymphe
Jugendstil, Glas und Design in Köln, Heilbronn und München
Nymphen, Satyrn und Faune, in Glas und Keramik, Silber oder Bronze - der Jugendstil hatte eine Vorliebe für diese verspielt erotischen Figuren, die so perfekt in die versponnene Gedankenwelt der Jahrhundertwende passten. Heutige Betrachter lächeln häufig milde, wenn sie diesen Produkten des Kunsthandwerks der Jahrhundertwende gegenüberstehen. Dabei existiert eine hartnäckige und kenntnisreiche Sammlerschaft, die allerdings weitgehend überaltert ist. Der Handel ist ebenso von Nachwuchssorgen geplagt. Zu den wenigen Ausnahmeerscheinungen, die sich noch im Kunsthandwerk auskennen, gehört Askan Quittenbaum, der sich folgerichtig über hochwertige Einlieferungen freuen kann. Am 20. Oktober versteigert er in München eine Hamburger Privatsammlung, deren Spitzenstück eine Meissener Vase mit dem Thema "Frühlingserwachen" ist (Lot 31/Taxe 20.000 Euro). Der Hornung wird symbolisiert von vier nur mit Schleiern bekleideten Frauengestalten, die sich zu einem Reigen auf der Wandung zusammengefunden haben. Der Katalog zur regulären Auktion am 22. Oktober umfasst über 800 Lose, ebenfalls Jugendstil-Objekte, allerdings zumeist weniger neckisch, wie die florale Marquetterie de Verre-Vase "Gentiana", die Emile Gallé im Jahr 1900 auf der Weltausstellung gezeigt hatte (Lot 51/Taxe 24.000 Euro). Am 23. Oktober wird eine weitere Privatsammlung versteigert, diesmal aus Süddeutschland.
Von Zezschwitz, ebenfalls in München, hat für seine Auktion am 19. Oktober eine süddeutsche Sammlung aufgetan, aus der drei museale Möbel von Otto Pankok hervorstechen. Das dekorativste Stück ist ein Büffet, ausgeführt von den Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk (Lot 893). Es ist das bisher einzige nachweisbare Exemplar des Möbelmodells. Das Büffet stammt aus einer Speisezimmereinrichtung mit Tisch, sechs Stühlen und kleinem Büffet; sie war als komplett eingerichteter Raum auf der I. Ausstellung für Kunst im Handwerk in den Räumen des Alten Nationalmuseums 1901 in München, ausgestellt. Die Preisvorstellung entspricht der Exklusivität des Möbels: 120.000 Euro.
Dr. Fischer in Heilbronn hat sich dem Glas aller Epochen verschrieben. Den Schwerpunkt der Versteigerung am 20. Okober bilden jedoch das 19. und 20. Jahrhundert. Gerade beim Studioglas dürfte das Haus das größte Angebot im deutschsprachigen Raum haben. Das hochpreisigste wohl auch: 19.000 Euro soll eine Vase "Pezzame" von Fulvio Bianconi aus den Jahren 1949/50 kosten (Lot 849). Ohne Konkurrenz ist das Haus auf dem Gebiet der Glaskunst, die vor allem bei amerikanischen Sammlern beliebt ist. Mit der abstrakten Plastik "Taking off" von Stanislav Libensky und Jaroslava Brychtova (Lot 951) kommt mit einer Taxe von 38.000 Euro das Toplos der Auktion aus dieser Abteilung.
Bereits am 13. Oktober versteigert Herr in Köln ebenfalls Kunsthandwerk und Design des 19. und 20. Jahrhunderts. Toplos ist die chryselephantine Kleinskulptur "Leaving the Opera" von Demetre H. Chiparus. Die recht hohe Taxe von 26.500 Euro begründet das Haus mit dem Umstand, dass sie unzweifelhaft echt sei, im Gegensatz zu vielem anderen, was gegenwärtig auf dem Markt angeboten werde. Einen Paravent des eigenwilligen Italieners Piero Fornasetti wollen die Rheinländer für 18.000 Euro an einen neuen Besitzer vermitteln. Ein zierlicher Damensekretär um 1900 im Originalzustand soll hingegen schon für 4.000 Euro zu haben sein.
www.quittenbaum.de, 22. Oktober 2007, ab 14 Uhr, 22./23. Oktober, jeweils ab 12 Uhr
www.von-zezschwitz.de, 19. Oktober 2007, ab 10.30 Uhr
www.auctions-fischer.de, 20. Oktober 2007, ab 10 Uhr
www.herr-auktionen.de, 13. Oktober 2007, ab 11 Uhr
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