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Omer Fast - The Casting: Zwischen den Zeiten

Im Rahmen der Reihe "Factory" zeigt das Mumok zwei neue Videoinstallationen des israelischen Künstlers Omer Fast. Fast setzt sich in seinen Arbeiten mit dem Entstehen von individueller und kollektiver Geschichte auseinander. Welche subjektive Erfahrungen werden zu Erinnerungen? Welche bewegen uns ein Leben lang und dienen der Identitätsfindung? Und welche werden schließlich Teil des kollektiven Gedächtnisses? Der Künstler spielt anhand individueller Geschichten mit politisch relevanten Informationen und hinterfragt in seiner Arbeit die gängigen Darstellungskonventionen in Film und Fernsehen. In "The Casting", entstanden 2006/7, verschränkt er drei Erzählebenen zu einer filmischen Geschichte, die willkürlich zusammen gefügt scheint. Sie basiert auf der Erzählung eines US–Sergeanten, der von einem tragischen Ereignis bei seinem letzten Irakeinsatz und der etwas absonderlichen Begegnung mit einer jungen Frau in Bayern berichtet. Als dritten Handlungsstrang lässt Fast die Interviewsituation von Schauspielern an einem Set nachspielen und friert für Momente die laufenden Bilder zu vibrierenden Standbildern ein. Gesten erstarren in der Luft, begonnene Worte verharren auf den Lippen. Indem die Schauspieler in ihrem Spiel innehalten, rinnen Vorstellungen von Vergangenheit und Gegenwart ineinander und stehen für kurze Zeit still. Diese Tableaux Vivants sind auch in den nachgespielten Erzählungen zu sehen und richten den Blick auf inhaltliche Fragen. Fast thematisiert den Körper als Territorium von Erinnerung. Die junge Frau in Bayern ritzt sich, um nicht zu vergessen, die Haut, und übersetzt somit Erinnerung in eine körperliche Erfahrung des Schmerzes. Der Körper wird hier als vermeßbare Größe definiert, die das Dasein bestimmt. Auch in dem Film "Die Grote Boodschap" von 2007 wird der Körper zum Exerzierfeld von Erinnerung: eine alte Frau erzählt, wie ihr Vater während des zweiten Weltkriegs Pillen gemeinsam mit Diamanten schluckte, um so letztere verstecken zu können. Und berichtet vom Jubel der Mutter angesichts der väterlichen Ausscheidungen. Die alte Frau, von dieser Geschichte geprägt, macht ihren Körper erneut zum Speicher, indem sie wahllos Beruhigungsmittel und andere Medikamente zu sich nimmt. Um Ausscheidung und Gier nach Diamanten dreht sich dieser humorvolle 27-min. Loop, der drei Pärchen nebeneinander in drei Zimmern desselben Wohnhauses in einer Zeitschleife gefangen hält. Letztlich unterläuft Fast mit seinen filmischen Arbeiten nicht nur gängige mediale Präsentationenformen, indem er in absurder Art und Weise mit ihnen spielt, sondern er thematisiert auch ein großes Unbehagen gegenüber dem Gesehenen, mündlich Tradierten und gängigen Repräsentationsformen.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Omer Fast - The Casting
05.10.2007 - 20.01.2008

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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