Olga Kronsteiner,
Bildende Kunst
Den Höhepunkt der Auktionswoche stellt einmal mehr die Versteigerung Alter Meister dar, jener Sparte die mit Abstand zur umsatzträchtigsten des Dorotheums zählt (22.3.) und bei der sich das heimische Publikum gegen internationale Konkurrenz durchzusetzen wissen muß.
Würde Michelangelo heute noch leben, versichert Experte Peter Wolf, wäre sein durch die Massenmedien vielfach publiziertes Gesicht den meisten Menschen vertraut. "In der engen, kontaktarmen Welt der Renaissance existierte nur etwa ein halbes Dutzend Bildnisse von ihm". Ein bis dato unbekanntes Gemälde von Bartolomeo Passarotti, vermutlich im Auftrag einer adeligen Familie ausgeführt, gelangt nun auf 380.000-460.000 Schilling taxiert zur Auktion.
Genauso ungewöhnlich stellte Franz Schrotzberg (1811-1889) eine junge Wienerin dar. Obwohl das Biedermeier eher patriarchalische Regeln kannte, scheint es auch schon erste "Emancipierte" gegeben zu haben: Eine junge Dame im modischen Reitkostüm, mit all ihrem mädchenhaften Charme, der forsch getragene Zylinderhut und die Reitpeitsche in ihrer linken Hand – damals noch rein männliche Attribute (ATS 90/150.000).
Unter den zahlreichen italienischen und niederländischen Meistern versteckt sich in einem Blumenstilleben ein quasi zeitgeschichtliches "Dokument". Rückblickend zählt das Tulpenfieber im Holland des 17. Jahrhunderts zu einer der größten Massenpsychosen – auch vergleichbar mit jüngeren Börsengeschehnissen. In zahlreichen Stilleben – wie auch aktuell beim Strauß Jacob Marrels - war weniger die Schönheit der Blumen, denn ihr Tausch- und Verkaufswert von Bedeutung. Um 1640 brach der Markt aufgrund des Preisverfalls einer bestimmten Sorte (insgesamt mehr als 140) zusammen, wobei zahllose Spekulanten in den Ruin getrieben wurden. Marell, der selbst in Tulpenzwiebel investierte dürfte vorliegenden Strauß, taxiert auf 1-1,4 Millionen, in Erinnerung an bessere Zeiten gemalt haben – "fecit 1.6.6.8". Liebhaber der altmeisterlichen Zeichenkunst und früher Aquarelle kommen bereits zwei Tage davor auf ihre Rechnung, wenn dieselbige Sparte ihre Auswahl vor dem Publikum ausbreitet (20.3.). Zu den Höhepunkten zählen italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts, frühe Grafikkunst oder auch Aquarelle, etwa von Peter Fendi, Thomas Ender oder Josef Kriehuber.
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