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Art 38 Basel: Kunst außer Rand und Band

Will man den ganzen Irrsinn des Kunstmarktes geballt erfahren, geht man auf den entsprechenden Messen einfach zum Stand der Marlborough Galerie, um sich nach dem aktuellen Preis für ein Triptychon von Francis Bacon zu erkundigen. Zur Art Basel beträgt er 45 Millionen Euro. Dafür ist Woodrow Wilson drauf. Überhaupt geht es anscheinend nur um drei Dinge: Verkaufen, Verkaufen, Verkaufen! Die Methoden sind dabei bisweilen rüde. Ein deutscher Großgalerist herrschte einen Kunden an: "Entscheiden Sie sich - in 10 Minuten läuft Ihre Reservierung ab!" Dabei ist Druck überhaupt nicht nötig. Das Geld sitzt locker und will ausgegeben werden. Ob es wirklich eine - zugegeben große - Bronze Aristide Maillols in einem posthumen Auflagenguss zu 2,5 Mio Euro sein muss oder ein erst kürzlich aus Einzelbildern zusammengestelltes "16 Jackies" von Andy Warhol zu 29 Mio. Euro, mag dahingestellt bleiben. Kaum wertbeständig dürfte teurer Nippes aus der Zeitgenossen-Abteilung sein. So kostet ein kleines chromblitzendes Männchen vor einem Handtuchhalter des Australiers Hany Armanious in einer 5er-Auflage 6.500 Euro, eine Null weniger hätte es ebenso getan. Gleiches gilt für Richards Jacksons Schenkelklopf-"Duck in a Bucket", die jedoch von einer weiteren Null geziert wird. Dafür ist die Auflage höher. Da erscheinen 1,2 Mio. für ein großes Schmetterlingstondo auf Goldgrund von Damien Hirst direkt preiswert. Schließlich gehört der YBA spätestens seit dem gemunkelten 100 Mio. Dollar-Verkauf seines diamantenbesetzten Platinschädels in den Olymp der Kunstmarkstars. Wie beim Billigen Jakob muss sich der Kaufwillige bei Kewenig aus Köln fühlen. Christian Boltanskis knapp 200-teilige Installation "Biennale 1938-1993", mit der 1993 der italienische Pavillon bespielt wurde, ist für gerade einmal 350.000 Euro zu haben. Und bei Landau aus Montreal offeriert man ein starkes Gemälde von Alexander Calder aus dem Jahr 1945 für 3 Mio. Dollar. Oder man hält sich an Zeitgenossen, die ihren Galerien einen Festpreis vorschreiben. So kosten Candida Höfers Arbeiten der neuen Serien überall den gleichen Preis von 50.000 Euro. Ein Weg, trotz des etwas niedriger bepreisten jungen Galerieprogramms von dem vielen vagabundierenden Geld etwas abzubekommen, besteht darin, immer noch recht frische, jedoch avancierte Kunst mit anzubieten. So gibt es die begehrten älteren Arbeiten von Neo Rauch in großem Format bei Eigen + Art, David Zwirner und White Cube. Christian Nagel aus Köln scheint den schnellen Reibach hingegen nicht nötig zu haben. Die in rasender Geschwindigkeit rotierende polygone Säule "24 Bilder in der Sekunde" von Jan Timme bietet wahrscheinlich die meiste Skulptur fürs Geld auf der Messe, "auf alle Fälle die schnellste", wie ein Mitarbeiter lachend bemerkt. Auch schöne Malerei ist günstig zu haben, hinter den Kulissen. Gemälde von Norbert Schwontkowski in kleineren bis mittleren Formaten hängen bei Contemporary Fine Arts aus Berlin im Kämmerchen und kosten ab 4.000 Euro. Am Stand fallen hingegen die extrovertierten Bronzen Jonathan Meeses auf - Preise bis 250.000 Euro. Am besten beschränkt sich der Besucher darauf, einfach die geballte Ladung Kunst zu genießen, die auf der Königin der Kunstmessen geboten wird. Wo sonst gäbe es schon eine One Man-Show mit 20 Picasso-Gemälden, wie sie Helly Nahmad aus London zeigt?
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art 38 Basel
13 - 17.06.2007

Art Basel
4005 Basel, Messe Basel, Messeplatz Halle 1 und 2
http://www.artbasel.com


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