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Vom Blühen und Reifen - Erotisches aus Kunst und Natur: Kein Eros ohne Drastik

Wenn der Unterschied zwischen Pornografie und Erotik darin besteht, daß sich bei ersterem die Botschaft darauf beschränkt, die Geschlechtswerkzeuge in Bestandteilen und Benutzungen vorzuführen, während sich beim Erotischen Geschichten um sie ranken und zusätzliche Bedeutungsdimensionen aufgerufen werden - wenn diese Differenz also zutrifft, dann ist, was das Museum auf Abruf momentan zeigt, blanke Pornografie. \"Vom Blühen und Reifen\" hat insofern nichts Erotisches, als natürlicherweise die wulstigen Kelche und überquellenden Blattwucherungen in aller Drastik vorgeführte Fortplanzungsorgane sind. Man kann sie fotografieren oder malen, kann sie minutiös abkonterfeien oder das Schamlippige und Stengelige in die Kenntlichkeit hin übertreiben. Wenn die Biene von Blüte zu Blüte fliegt, dann ist die Flora jedenfalls auf Vereinigung gepolt. Selbstverständlich hat die Ausstellung eher die künstlerische Veredelung im Sinn, meint beim Phallischen das Erhabene und beim Vaginalen das Schöne. Doch gerade wenn man sich nicht damit zufriedengibt, Blumenstilleben zu sehen, sondern im Maiskolben Hans Eschers ein Gemächt und in Johann Fruhmanns abstrahierender \"Komposition\" einen Blick zwischen weibliche Schenkel erkennt, nur dann also, wenn man das Pornografische walten läßt, hat die schlecht gehängte Schau einen Reiz. Entweder - Oder: Wenn man die eigenen dummen Gedanken fernhält - womöglich weil es die Kunst \"in einer eher schamlos gewordenen Zeit\", wie es im Katalog heißt, mit dem Körperlichen zu weit getrieben hat -, machen eierförmige und anderweitig uterale Futterale von Judith P. Fischer oder von Michael Kos keinen Spaß und auch keinen Sinn. Man muß schon eine gewisse Derbheit sehen und zugestehen: Robert Mapplethorpe hat wunderbare Blumenbilder hinterlassen - doch ohne das paralelle Selbstporträt mit der Peitsche im Hintern wären sie und ihre Wahrnehmung im Ästhetizismus versandet.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Vom Blühen und Reifen - Erotisches aus Kunst und Natur
15.04 - 30.06.2001

MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 (0)1 4000 8400, Fax: +43 (0)1 4000 99 8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di - Fr: 11:00 - 18:00, Do: 11:00 - 20:00, Sa: 11:00 - 16:00 Uhr


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