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Millionenwertes Wunder

Moderne und Zeitgenössische Kunst bei Lempertz in Köln Es ist schon ein kleines Wunder, dass Diego Giacometti das fragile Gipsmodell seines Bruders Alberto für das Denkmal des französischen Kommunisten Gabriel Péri völlig unbeschadet durch die Jahrzehnte bewahren konnte. Das "Projet pour une Place" besteht aus zwei Teilen und gehört zu den vielen Entwürfen, die Alberto Giacometti in seinem Pariser Atelier zuückgelassen hatte. Diego übernahm vieles davon in sein eigenes Atelier. Von ihm kaufte es der jetzige Einlieferer im Jahr 1983. Die wohl früheste erhaltene Version eines Schreitenden Albertos soll bei Lempertz in Köln zusammen mit dem anderen Teil des Entwurfs 1,3 bis 1,5 Millionen Euro bringen (Lot 625). Aus Frankreich stammen auch die weiteren Toplose im Katalog "Moderne Kunst". Eines davon ist eine Studie Fernand Légers, die in Zusammenhang mit seinen Gemälden "Contraste de Formes" (lot 704) im Jahr 1913 entstanden ist. Zu dieser Zeit wendet sich Leger dem synthetischen Kubismus zu. Nach eigener Aussage habe er sich von Cézanne befreien wollen und dafür bis zur Abstraktion vorstoßen müssen. Die von ihm verwendeten geometrischen Elemente - angeschnittene oder gekerbte Zylinder sowie keilförmige und kubische Körper - bewahren dabei allerdings ihre Gegenständlichkeit und erzeugen eine gewisse Tiefenwirkung des Bildraumes. Die Gouache mit Aquarell ist außergewöhnlich kompakt und weit ausgeführt. Mit der Taxe von 900.000 bis 1,1 Mio. Euro wird laut Artnet ein Höchstpreis für eine Arbeit des Künstlers auf Papier in handelsüblichem Format angepeilt. Teurer war bisher nur eine monumentale Gouache aus dem Jahr 1950. Weniger spektakulär als dekorativ ist die Gouache "Die Mäherin" von Marc Chagall aus dem Jahr 1926 (Lot 541/Taxe 450.000 - 600.000 Euro), in welcher der Sommeraufenthalt des Künstlers mit Bella anklingt. Amedeo Modiglianis "Karyatide" entwickelt mit sparsamsten Mitteln beachtliche Dynamik, die sich in doppelter Torsion gegen die Grenzen des sie beengenden Blattes zu stemmen scheint (Lot 770/Taxe 200.000 - 300.000 Euro). Zu den Anfängen der Klassischen Moderne führt Camille Pissaros späte Landschaft "Vaches dans un Pré" (Lot 823/Taxe 250.000 - 280.000 Euro). An ihrem Ende steht Friedrich Vordemberge-Gildewart, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg mit der "Composition No. 172" noch einmal virtuos die Formensprache des Konstruktivismus aufgreift (Lot 874/Taxe 150.000 - 180.000Euro). Zu den Zeitgenossen hat sich ein "Ketten und Karten"-Bild Ernst Wilhelm Nays (Lot 281) verirrt, das mit einem Schätzpreis von 190.000 bis 200.000 Euro das am höchsten vorbewertete Los dieser Abteilung stellt. Bereits zum zweiten Mal dabei ist Christos zweiteiliger "Wrapped Reichstag # 53" (Lot 78) - zur selben Taxe von 140.000 bis 150.000 Euro, zu der das Werk 2005 durchfiel. Zwischenzeitlich wurde in London allerdings ein etwas höheres Ergebnis für eine kleinere Version erzielt. Eine nahezu `lebensgroße` "Miss Rheingold" von Nam June Paik (Lot 298) ist wesentlich spannender. Die roboterartige Skulptur aus Radios der Volksempfänger-Generation, Uralt-Fernsehern, Kameras, einer Geige sowie zwei Pinseln als kecker Frisur stellt wohl eine von Richard Wagners Hüterinnen des urdeutschen Schatzes dar, der hier durch vier Bierdosen der Marke `Rheingold` repräsentiert wird. Das auf 110.000 bis 140.000 Euro taxierte Ungetüm hat durchaus das Zeug, den letztes Jahr in Hong Kong aufestellten Rekord von rund 200.000 Euro brutto einzustellen. Zu immer neuen Höchstpreisen eilen aktuell die oft skurrilen Gemälde Sigmar Polkes. In Köln ist er hingegen mit zwei Arbeiten vertreten, die in abstrakten Bildfindungen die Effekte unterschiedlichen Lichteinfalls auf die Wahrnehmung untersuchen (Lots 337 und 338/Taxen 60.000 und 120.000 - 150.000 Euro). Etwas überteuert scheint eine von Martin Kippenbergers Hotelzeichnungen, die satte 25.000 bis 30.000 Euro kosten soll: "Scheise". Auktion: 1. & 2. Juni
Mehr Texte von Stefan Kobel

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