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Hund beisst Mann

Der Verfasser dieser Glosse stammt, die kritischen Leser werden es sich längst gedacht haben, aus Niederbayern. Die Gegend dort ist fruchtbar, und aus ihrem Schoß sind etwa auch Franz Ackermann, der ist, was man einen Malerstar nennt, und Michael Sailstorfer, seines Zeichens Jungstar, gekrochen. Irgendwann, stelle ich mir vor, führe ich ein Gespräch mit den beiden über die kleine und die große Welt und über die Kunst im Allgemeinen. Das Gespräch soll dann in der Zeitung erscheinen, aber nur in unserem Heimatblatt, der Vilsbiburger Zeitung. Neulich, als ich vor Ort war, haben sich die Gegend und ihre Zeitung wieder einmal von der besten Seite gezeigt. Ein Fahrrad sei gestohlen worden, entnahm ich den Neuigkeiten aus meinem Geburtsort, es war schon alt und rostig, es habe am Brückengeländer gelehnt und sei nicht abgesperrt gewesen. Sachdienliche Hinweise nehme die Polizeistation entgegen. So ist das immer noch bei mir daheim. Wenn anderswo schon der Mann den Hund beissen muss, um in die Zeitung zu kommen, darf es hier noch umgekehrt sein. Da ist es tröstlich, wenn ab und zu auch in der Süddeutschen Zeitung der Hund den Mann beisst. Letzten Donnerstag etwa haben sie unter der löblichen Rubrik "Kultur und Wirtschaft" einen Herren namens Andreas Wolf zu Wort kommen lassen, der der Geschäftsführer von Ado-Gardinen ist. Ado, das ist, wie mir schon, als ich ein Kind war, von "Was bin ich?"-Raterin Marianne Koch in der Fernsehwerbung zugezwinkert worden ist, "die mit der Goldkante" und unter aller Garantie einer positiven Berichterstattung wert. Jedenfalls durfte sich der Herr Geschäftsführer über sein kulturelles Engagement vernehmen lassen, auf einer knappen halben Seite und nicht im Feuilleton, wo es eh keiner liest, sondern im Wirtschaftsteil, wo sich seinesgleichen bewegt. Zum ersten Mal hat die Firma einen Kunstpreis vergeben. Sehr gut. Und so wurde nun ein Interview daraus. Wieviel Besucher in der Ausstellung der Preisträger gewesen wären? "Circa 1500". Was man sich als letztes gekauft habe? Zwei Gemälde, eines von Benjamin-Novalis Hofmann und eins von Lorenzo Pompa. Wie groß ist die Kollektion? "Noch sehr klein, vielleicht sechs Arbeiten". Wie man dazu gekommen sei? "Meine Frau malt selbst ein wenig, und unser Haus ist voller Kunstbände." So also sieht ein Kunstsponsoring aus, das es inklusive Foto dreispaltig in die Süddeutsche Zeitung bringt. Ich habe immer schon meine Zweifel gehabt, ob es partout nötig ist, die Öffentlichkeit in Kenntnis zu setzen, wenn einer privat ein paar Lappen für Leinwände abzweigt. Diese Zweifel haben sich nun erhärtet.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

2 Postings in diesem Forum
Hund beiß (ss)t Mann
walter kainrath | 08.05.2007 12:12 | antworten
Hat die bayr.Firma von öster.Firmen abgespickt oder umgekehrt? Kunstsponsoring dieser Art ist billiger als bezahlte Werbung. In Österreich seit einer Ewigkeit ( mit einigen Ausnahmen ) so Brauch. Hat die Frau einen Kurs auf der Volkshochschule besucht?
hund beisst mann
beate baumgart | 09.05.2007 09:19 | antworten
na ja, so iss´s- ihr artikel erfreut mich in seiner wahrhaftigkeit-

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