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"Smart"e Kunst? - In Berlin liess Daimler Chrysler einen Smart fortwo künstlerisch aufwerten

Es sollte wohl das werden, was man gemeinhin ein Event nennt. Schließlich glaubte man etwas feiern zu dürfen, auch wenn der dazugehörige Anlass bei Licht betrachtet doch ein wenig nichtig schien: das 770.255 und damit vorletzte Modell der vorletzten Bauserie des neuen Smart fortwo, der - wer`s noch immer nicht wissen sollte - ab kommenden April die Straßen unsicher machen wird. "Wow", werden sich da einige Verkaufsmanager im Mercedes-Konzern gesagt haben, die ja wegen der Chrysler-Krise gerade eher weniger zu lachen haben, "Wow, das ist aber jetzt wirklich mal ein Grund zum Feiern!" Und flugs war auch schon eine willfährige Galerie gefunden, ein DJ angeheuert, ein absolut nicht unbekannter schwedischer Wodka ausgeschenkt, ein schnittig sein wollendes Berliner Mode&Kunst-Magazin ausgelegt und natürlich - deswegen war man doch zusammengekommen, nicht wahr - der Smart "installiert" (Pressetext), d.h. vor der Galerie quer über den Berliner Bürgersteig geparkt, was gerade wegen der gewissermaßen unmenschlichen Größe des Autos auch zu überhaupt keiner Verkehrsbehinderung führte. Fertig war mithin die nicht ganz untypische Berlin-Mitte-Gemengelage aus Lifestyle(-industrie), Mode und Kunst und angerichtet das Event. Aber halt! Kunst? Und das, nur weil der schnuckelige Zweisitzer vor einer Galerie zu stehen kam? Richtig: Da war doch noch etwas. Das Auto wurde nämlich, bevor man es auf so verquere Weise dem Straßenbild eingepasst hat, von Friederike Hamann und Moritz Hirsch, zwei smarten Studenten von Katharina Sieverding - die sich insofern tatsächlich als Meisterschüler entpuppen, als ja auch die Sieverding in letzter Zeit mehr damit in Erscheinung getreten ist, der Werbekampagne einer tierischen Sportartikelfirma ihr Gesicht zu leihen -, künstlerisch veredelt, indem man es in grün-phosphoreszierende Farbe tauchte, weshalb es dann auch immer so hübsch geleuchtet hat, nachdem man den Scheinwerfer, dessen Licht es ständig ausgesetzt war (die Farbe speichert Energie), alle gefühlte 30 Minuten für ungefähr 10 Sekunden abgestellt hat. (Der begrifflich hochmögende und dadurch seinerseits das Geschehen theoretisch veredelnde Pressetext setzt auch hier einen Glanzpunkt, indem er es unternimmt, das Vehikel aufgrund der hinzugewonnenen Lichtempfindlichkeit als "rollendes Photogramm" auszuweisen.) Im Inneren der Galerie fand dieses leicht unaufgeregte Licht- und Schattenspiel sodann seine Fortsetzung in Form von neun an der Wand befestigten Metallplatten, die bei frontaler Ansicht als phosphorgrüne Quadrate auftraten, sich bei lateraler Annäherung aber als die bloßen Vorderseiten Minimal-Art-ähnlicher Objekte herausstellten, die etwa von der Hand eines Donald Judd hätten sein können. Aber mit solch hohen Referenzen täte man dieser Arbeit wohl ziemlich unrecht, denn ihr Effekt erschöpfte sich offenbar alleine darin, im Dunkeln halbspektakulär zu leuchten - obwohl ihr konzeptioneller Ansatz, als Bild vor allem das zu zeigen, was man als Betrachter buchstäblich in es hineinlegt, durchaus Beachtung verdienen würde. Abgerundet wurde die im Ganzen eigentlich doch sehr ereignisarme Ausstellung schließlich noch von ein paar Photographien, die auf völlig dröge Weise das matt vor sich hinglühende Auto bzw. dessen Herstellung festhielten, deren Verkaufserlös aber immerhin einem wohltätigen Zweck zugute kamen. Und so hat diese Veranstaltung wenigstens einer guten Sache gedient.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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